Selbstheilung in L.A.

Der zerbroche Geist, von dem Gary Numan auf seinem neuen Album singt, das ist sein eigener – die Musik ist sein Versuch, sich wieder zusammen zu setzen: „Ich war für Jahre an einem extrem düsteren Ort und habe eine echte Midlife-Crisis gehabt. Nicht mit jungen Mädchen und so aber mit meinem Leben – ich bin dreimal in kurzer Zeit Vater geworden und hatte das Gefühl, an diesem neuen Lebensstil zu zerbrechen. Ich war depressiv und selbstzerstörerisch, da konnte ich einfach keine Musik machen.“ In knapp sieben Jahren hatte er gerade einmal eine Handvoll Songs geschrieben. Doch dann packte ihn die Veränderung: er zog mitsamt der Familie nach L.A und seither geht es bergauf: „In gerade einmal drei Monaten entstand die andere Hälfte der Songs und das Album war fertig. Ich habe eine viel bessere Haltung zur Arbeit. Ich bin so produktiv wie seit Jahren nicht. Und ich liebe die Kollaborationsbereitschaft in dieser Stadt.“ Mit „Splinter“ präsentiert Numan das erste von hoffentlich vielen Ergebnissen dieses neugefundenen Arbeitswillens. Es ist düsterer, elektronischer und eigenwilliger Industrial – ein therapeutisches Album, eine Dekonstruktion der Krise, die Numan durchgemacht hat. „Das Düstere ist Teil meiner Kreativität, ich schreibe Songs um schlechte Tage zu verarbeiten. Gute Tage genieße ich, die brauchen keine Verarbeitung.“ Dann bleibt nur zu hoffen, dass L.A. und die Sonne ihm nicht zu gut gefallen.

Gary Numan – „Splinter (Songs from a Broken Mind)“

Ursprünglich erschienen im Piranha 10/2013