Godzilla vs. Gamera: Sony und Microsoft in der Spielerwahrnehmung

Manchmal fühlt man sich als Konsolenspieler ein wenig wie die Bewohner Tokios in den Monsterfilmen der 1950er Jahre. Gefangen in den Häuserschluchten muss man hilflos mitansehen, wie sich zwei riesige Wesen Schlachten liefern und dabei unbedacht alles zerschlagen, was einem lieb und teuer ist.

Das bescheuerte an der Sache ist: immer wenn eine neue Konsolengeneration ins Haus steht, dann erwartet man als Spieler den Kampf der Giganten zugleich sehnsüchtig. Wer wird im Streit um die Herzen der Spieler gewinnen? Wer wird sich durchsetzen und mit seinen Fähigkeiten obsiegen? Ok, bei Godzilla und Gamera liegen gleich ganze Straßenzüge in Trümmern, aber dass auch Playstation und Xbox das Zeug dazu haben, jede Menge Geschirr zu zerschlagen, hat wohl nicht zuletzt die Ankündigung der neuen Konsolengeneration gezeigt. Das Kommunikationsdebakel zur Xbox One jedenfalls hat die Spieler verunsichert – so sehr, dass der Konzern in einigen Punkten vehement zurückrudern musste. Doch auch die PlayStation 4 weiß die Spieler dank medialer und marketingstrategischer Ausrichtung auf die Social Network-Kompatibilität kräftig zu Diskussionen zu erregen. Grund genug für IGM einige Wochen nach den Ankündigungen, also nach dem ersten heftigen Schlagabtausch, einen Blick in die Kampfzone zu werfen und metaphorisch gesprochen in Tokio von Tür zu Tür zu gehen – dort wo die Spieler sind.

Meinungsbild

An den Hamburger Hochschulen wimmelt es, trotz offensichtlicher Semesterferien, nur so vor Spielern. Von Gelegenheitsdaddlern bis hin zu Hardcore-Zockern findet sich hier ein guter, wenn auch nicht unbedingt repräsentativer Schnitt durch die deutsche Gaming-Landschaft. Mit einem Notizblock bewaffnet stürzen wir uns also in die Scharen Hausarbeiten schreibender Studenten und wollen erst mal vor allem wissen, ob noch immer eine Vorfreude auf die Konsolen herrscht, trotz der Debatten. Und schon hier gehen die Meinungen auseinander. Jan L. (23, Literatur): „Ja, ich freue mich, weil sie endlich eine vernünftige, PC-ähnliche Hardware-Architektur benutzen, so dass der Qualitätsverlust gegenüber dem PC nicht mehr zu merken sein wird.“ Doch nicht alle Befragten teilen diese Meinung, wie etwa Jonas K. (28, BWL), der nur minimale Grafikverbesserung zwischen den Generationen sieht: „Die Steigerungen sind da immer subtiler geworden und noch hat man ja in den Spielevorstellungen nicht allzu viel sehen können. Da bleibt die Vorfreude eher verhalten.“ Auch Michael U. (22, VWL) meint, die Konsolen würden keine Steigerung zur jetzigen Generation mit sich bringen: „Ich bin mit der PS3 noch sehr zufrieden, und da die ersten Konsolen meist noch Kinderkrankheiten haben, warte ich lieber noch.“ Insgesamt scheint es, dass die Freude der Konsumenten eher „verhalten“ ist. Viele freuen sich zwar auf die Konsolen, sind jedoch von den angekündigten Features bislang entweder nicht oder nur negativ beeindruckt gewesen.

Feature or Bug?

Als besonders negativ sind bei den Spielern die von Microsoft, aber auch von Sony, angekündigten USPs angekommen, die von vielen eben nicht als verkaufsfördernd empfunden werden. Die Wut der Spieler entlädt sich dabei vornehmlich an Microsoft, und das trotz des medial inszenierten „Mea Culpa“ des Konzerns. „Online-Zwang auf der Konsole – damit hat Microsoft sich absolut ins Aus geschossen“, meint etwa Patrizia N. (27, Philosophie). Und auch Jannett N. (23, Grafikdesign) schlägt in die selbe Kerbe: „Das Sammeln meiner Nutzerdaten und die Überwachung durch die Xbox One sind mir zu wider. Ich will kein gläserner Spieler sein.“ Angesichts des Prism-Skandals und der Verwicklung Microsofts in diese Affäre scheint allen Beteuerungen des Konzerns zum Trotz bei den Spielern die Xbox One als „NSA-Konsole“ gebrandmarkt. „Also erstens ist die Xbox One irgendwie keine Spielekonsole mehr“, meint auch Daniel H. (21, Architektur) und bringt dann noch mal das eigentliche Grundproblem auf den Tisch: „Aber zweitens zeugen die angekündigten Ideen – Onlinezwang, ständig angeschaltete Kamera und Mikrofon, keine Gebrauchtspiele –von einer Arroganz, die keine zweite Chance verdient hat. Ich vertraue diesem Konzern einfach nicht mehr.“ Die massive Ablehnung der „always on“-Kinectkamera führte nun sogar dazu, dass Microsoft erneut einen taktischen Rückzug vornehmen musste und bekannt gab, die Kinect nicht mehr verpflichtend sondern optional zu machen. Kunden haben also die Option, die X1 auch ohne Kinect zu betreiben.

Doch die Kritik hängt nicht allein an der Überwachung, wie Hakob A. (22, Literatur) bemerkt: „Ob nun TV-Features oder Facebook-Button, ob Online-Gebühren oder rein digitaler Vertrieb von Spielen – die Konsolen, die einst so herrlich unkompliziert waren, werden dem PC immer ähnlicher und eignen sich jede Menge umständlicher Funktionen an. Das nervt gewaltig.“ Insbesondere die innovativen Features der Konsolen kommen beim Endverbraucher nicht immer gut an. Auf Seiten der PlayStation 4 etwa wird das neue Touchpad noch relativ positiv bewertet, doch gerade die Ausrichtung auf Social Media und das Teilen von Inhalten sehen viele als unnötigen Schnickschnack an. Ein weiteres Ärgernis findet sich bei beiden Konsolen: „Das es keine Abwärtskompatibilität gibt empfinde ich als reine Abzocke“, meint Julia M. (24, Soziologie).

Der Preis ist heiß

Doch nicht allein die Features sind für die Kaufentscheidung ausschlaggebend, auch der Preis spielt eine ganz wesentliche Rolle. In dieser Hinsicht schlägt die mit 399 Euro angekündigte PS4 die 100 Euro teurere X1 in der Sicht der Konsumenten um Längen. „Den Einstiegspreis von Sony finde ich für eine neue Konsolengeneration sogar mal recht fair,“ meint Jonas K. und auch Jan L. nickt sofort beim Preis und will im Winter zuschlagen. Wichtig scheint hier, dass einige Mal die Aussage kam, man wolle bei der X1 nicht für Features zahlen, die entweder in Deutschland gar nicht zur Verfügung stünden, oder aber etwa für die Kinect Hardware, die man als überflüssig bzw. übergriffig empfinde. Gute Neuigkeiten also für Sony, denn von den zwanzig Befragten, sagten achtzehn, sie würden die PS4 vorziehen und zwölf planten sogar schon zu Weihnachten die neue Konsole ihr Eigen zu nennen.

Spiele-Highlights

In der Branche gilt es jedoch als Binsenweisheit, dass eine Konsole nur so gut ist, wie die auf ihr entwickelten Spiele und so stellt sich die Frage, auf welche Spiele die Konsumenten so dringlich warten, dass sie dafür sogar einen spezifischen Hardwarekauf tätigen würden. Für die X1 kämen hier die „Halo“ und die „Forza Motorsport“-Reihen in Frage, sowie der ebenfalls auf PC erscheinende Action-Titel „Titanfall“, der auf der E3 für Furore gesorgt hat. Auf Seiten der PS4 sind die interessanten Exklusivtitel vertreten durch „The Order: 1886“ sowie die „InFamous“ und die „Killzone“-Reihen. Das eigentliche Interesse der Kunden gilt aber wohl nicht den exklusiven Titeln. Zumindest kamen die eben genannten Spiele nur je auf eine namentliche Nennung. Die Exklusivität einzelner Titel für die eine oder die andere Konsole ist also kein Kriterium für den Kauf der Hardware mehr. Vielmehr konnten die Ankündigung von für beide Konsolen erhältlichen Titeln wie Bungies „Destiny“, Square Enix’ „Final Fantasy XV“, Konamis „Metal Gear Solid 5“ oder Ubisofts „Watch Dogs“ unsere Spieler überzeugen. Alle vier Games wurden mehrfach als heiß ersehnte Titel genannt.

Was bleibt nun also als Fazit aus der subjektive Umfrage? Ganz klar, dass Microsoft sich nicht aus technischen sondern wohl eher aus politischen Gründen ins Aus manövriert hat und zumindest aktuell gegen Sony im Vergleich deutlich verliert. Auf lange Sicht mag sich dies natürlich noch umkehren und die Amerikaner könnten durch bessere Inhalte schließlich noch siegen, aber die erste Runde im Kampf der Giganten geht klar an Godzilla Sony während Gamera Microsoft strauchelt. Ach so, da wäre natürlich noch die Frage, wie sich Nintendo in die Metapher einfügt. Ganz einfach: die Wii U ist Mothra. Bunt, flattrig und kinderfreundlich – sie stellt keine wirkliche Gefahr für unseren Godzilla dar. Und wir Tokioter Einwohner freuen uns schon auf das nächste Match, das unsere Straßen vibrieren lässt.

Ursprünglich erschienen im IGM vom August 2013