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Was der Song braucht

Drei Jahre sind vergangen seit dem letzten Album „Nichts Passiert“ und im Leben der vier Bautzener von Silbermond hat sich einiges verändert, und doch ist fast alles gleich geblieben.

Es klingt wie ein Klischee, aber man fühlt sich dort zu Hause, wo Harmonie und Geborgenheit zu finden sind – das gilt auch für Musiker. Silbermonds letztes Album „Nichts Passiert“ war vielleicht gerade deswegen ein so bunter Mix verschiedenster Stile, weil ihre ‚Heimat’, ihr Proberaum, in einem massiven Komplex mitten in Berlin so viel Hektik, Lärm und andere Einflüsse mit sich brachte. „Da proben knapp 200 Bands und die Wände waren zu dünn“, erzählt Sängerin Stefanie Kloß, „da war es verdammt schwer mal genug Ruhe zu finden, um ein Demo aufzunehmen. Manchmal hat es eine halbe Stunde gedauert, bevor wir ein Fenster dafür hatten.“ Das sind keine guten Vorraussetzungen um Album Nummer Vier auf den Weg zu bringen und so zogen Silbermond um, in ein entlegenes Industriegebiet, haben sich heimatlich eingerichtet und sich etwas geschaffen, „was uns gehört, eine Basis auf der wir arbeiten können“, wie Stefanie betont.

Dazu passt dann auch, dass „Himmel Auf“ erwachsener, souveräner und vor allem musikalisch weniger sprunghaft geworden ist. Die Band konzentriert sich auf ihre Stärken, gerade und eindringliche Rocksongs, die zwischen emotionaler Intimität und öffentlicher Aussage schwanken. „Wir haben textlich eine neue Reife gefunden“, erklärt Thomas Stolle, der Gitarrist und musikalische Kopf der Band, den neuen Stil, „und haben uns deswegen auch getraut, Themen anzugehen, die uns auf der Seele lagen, die uns aber vorher nicht möglich erschienen.“ So geht es zum Beispiel um Konflikte, Revolutionen und Kriege oder darum, Kinder in eben solche zu schicken – Botschaften, die Silbermond wichtig sind. „Diese Songs sind noch direkter, noch klarer artikuliert als auf ‚Nichts Passiert’. Andererseits sind die persönlichen Songs noch intensiver, noch intimer geworden. Die Welt ist komplexer als ein Popsong es formulieren kann, genau wie unsere Emotionen, und das reflektiert das Album“, sagt Stefanie.

Dabei sind aber nicht nur die Texte der Band reifer und souveräner geworden. Auch musikalisch reflektiert das Album eine aufgeräumte und weniger verspielte Nuance der Band. „Wir haben diesmal bewusster über die musikalischen Mittel nachgedacht und die Effekte, die Experimente nicht einfach eingesetzt, weil wir es konnten“, erklärt Thomas den neuen Sound. „Wir haben uns selbst hinterfragt“, ergänzt Schlagzeuger Andreas Nowak, „und wir haben uns selbst kontrolliert, wenn etwas nicht notwendig war. Wir haben dem Song das gegeben, was er braucht. Nicht mehr und nicht weniger.“ Dabei sind Studiospielereien durchaus Teil des Entwicklungsprozesses, den die Band dank einer gute Selbstregulation aber im Griff hat – über „Stil-Polizisten“, wie Stefanie es mit einem Zwinkern formuliert, und „wenn einer über die Stränge schlägt, sagen die anderen Bescheid“ – ganz harmonisch.

Ursprünglich erschienen im Piranha 04/2012 und auf Piranha.tv