Vorsicht, Bissig!
Skin – Die ehemalige Skunk Anansie-Frontfrau rockt mit animalischer Kraft und Direktheit die Bühne, auch ohne berühmte Band.
Skin hat eine fatale Ähnlichkeit mit Frank Wedekinds „Lulu“: sie weckt Begehrlichkeiten in den Menschen um sie herum. Sie ist das Tier, die verkörperte Energie. Sie nimmt die Bühnen der Welt für sich ein, lebt die Emanzipation des Rock, und jeder sieht in ihr etwas anderes. Sie wird zur Projektionsfläche der Sehnsüchte, ihre Songs sind mal wütende Ausbrüche, mal schmerzliche Berührung, aber immer gehören sie dem Publikum. Nach der Trennung von Skunk Anansie hat Skin einige Zeit gebraucht, um sich selber in diesen Begehrlichkeiten wieder zu finden. Auf ihrem zweiten Solo-Album „Fake Chemical State“ verbinden sie ihr Debüt und ihre Ursprünge. Sie wandelt zwischen dem punkigen brachialeren Sounds des Skunk Anansie-Albums „Paranoid And Sunburnt“, den sanften Balladen wie „Hedonism“ oder „Brazen“ und den fast an Pop gemahnenden „Lately“ oder „Trashed“. Sie verweigert konsequent eine Festlegung auf wütende Rockröhre oder zarte Balladen-Maus. Aber sie bleibt sich immer treu. Und hier unterscheidet sie sich von Lulu. Denn Skin kann ihrer Rolle entfliehen, sich einer Verwendung durch andere erwehren. Stärker als je zuvor beweist sie, dass sie in diesem Rockzirkus nicht nur Attraktion, sondern auch Direktorin ist. Eigenständig hat sie alles unter Kontrolle.
Der Artikel ist erschienen im WOM Magazin Ausgabe 04/06.