Game Tipp: North & South (iOS)
Lange ist es her, dass man die Armeen der Nord- oder Südstaaten auf dem Amiga gegen einander hat antreten lassen. Jetzt erscheint der Strategieklassiker in einer Neuauflage auf dem iPad.
Kennen Sie noch „Fackeln im Sturm“, die Fernsehserie aus den 1980er Jahren? Das herzzerreißende Schicksal zweier Familien im amerikanischen Bürgerkrieg? Patrick Swayze als junger Sklavenhalter aus dem Süden und James Read als industrieller Nordstaatler im erbitterten Konflikt miteinander. Brüder im Krieg wegen politischer Differenzen. Lange ist es her, aber das Thema interessiert noch immer. Zu etwa selber Zeit gab es auf Atari ST und Amiga (später auch auf PC und C64) die Originalversion des Strategiespiels „North & South“ zu spielen, bei der man als Spieler eine der beiden Bürgerkriegsparteien übernimmt und den Krieg für sich zu entscheiden versucht.
Wie im Original darf man nun auch bei der gerade für das iPad erschienen Neuauflage eine Seite wählen und auf einer simplen Amerikakarte seine Armeen über das Feld verschieben. Wichtig ist dabei die strategische Aufteilung der Armeen, um so zu gewährleisten, dass Städte gehalten werden können (hier gibt es Banken, die die Kriegskasse und damit den Nachschub erhalten) und feindliche Gebiete eingenommen werden können. Das Spielprinzip ist dabei so simpel wie einleuchtend. Einzelne Gebiete müssen erst von feindlichen Truppen befreit und dann besetzt werden. Dafür gibt es einen Gefechtsmodus, in dem sich Infanterie, Kavallerie und Artillerie gegenüber stehen und bis zum letzten Mann kämpfen.
Hinzu kommen aber noch erschwerende Momente, die man im Hauptmenü nach Bedarf ein- und ausschalten kann – so kann beispielsweise das Wetter (in Form einer Sturmwolke) die darunter befindliche Armee für eine Runde lahmlegen, oder eine Nichtspielerfraktion (Indianer und Mexikaner) die Armeen in Reichweite angreifen. Das kostet dann wichtige Soldaten für den nächsten Kampf. Möchte der Spieler eine Stadt erobern, dann muss er ein kleines Minispiel bestehen, bei dem in Shooter-Manier einem Soldaten die Gelegenheit verschafft werden muss, eine Flagge zu hissen. Also verschanzt man sich und schießt aus dem Colt, was das Zeug hält.
Die Comic-Grafik ist sehr nett umgesetzt, auch wenn die Details des Originals und der Bezug zur ursprünglichen französischen Comicserie „Les Tuniques Bleues“ kaum noch erkennbar sind. Schade ist nur, dass die ganzen witzigen Ideen (Stichwort: der Kriegsfotograf bei Schlachten), mit denen das 1989er Original aufwartete, nicht mehr im Spiel zu finden sind und alles auf ein essentielles Minimum reduziert wurde – gerade auch bei den Minispielen, denen die Variabilität fehlt.
Noch problematischer ist jedoch, dass trotz der unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade das Spiel unglaublich schwierig zu bedienen ist, da die Steuerung vollkommen ungenau und unnötig kompliziert wirkt. So hakt auf dem Strategiebildschirm ständig das Verschieben der Armeen, während im Schlachtmodus gleich drei Armeeteile mit Wischbewegungen bewegt und mit Knopfdrücken zum Feuern gebracht werden müssen. Da der Computer im Gegensatz zum Spieler alle drei gleichzeitig bewegen kann, ist man als Mensch hier völlig überfordert und entsprechend benachteiligt. Wer hat schon drei bis sechs Hände und kann binnen Sekundenbruchteilen zwischen drei Armeen umschalten? Diese Problematik verschärft sich noch Multiplayermodus, da das Spiel hier bei einem Match nicht erkennt, wer nun welche Armee bewegt. Chaos ist vorprogrammiert. Dass das Spiel dennoch binnen weniger Tage auf Platz 1 der Download-Charts geschossen ist und für viele jede Menge Spaß bedeutet liegt wohl mehr am Nostalgie-Faktor, als an der tatsächlichen Spielmechanik.
Für 2,39 Euro erhält man hier Nostalgie pur – die Erinnerung an Amiga-Zeiten ist wichtiger als funktionale Steuerung oder der Comiccharme des Originals. Eine sehr gemischte Spielerfahrung. [ls]
Ursprünglich erschienen in der Computerbild Spiele Top Ten App.