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The Time Tunnel

DVD Booklet der Neuveröffentlichung der Serie “The Time Tunnel”

Irwin Allen Biografie

Irwin Allen wurde 1916 in New York geboren, doch es zog ihn bereits im Alter von 22 Jahren nach Hollywood, wo er dank seines Journalismus-Studiums schnell als Schreiber tätig wurde. Doch Allen war ein Mann der großen Show, liebte die Maschinerie Hollywoods und wechselte schnell auf die Seite der Filmemacher. Zuerst realisierte er Dokumentationen, wie etwa den Oscar-prämierten The Sea Around Us von 1950, fand dann aber schnell zu fiktionalen Themen und auffälligen Spezialeffekten, die mehr seinen Erwartungen von Spektakel und Unterhaltung entsprachen. So vereinte sein Film The Animal World (1956) Dokumentation mit seinem im späteren Schaffen immer wiederkehrenden Markenzeichen an Sensation ausgerichteter Szenen, wie in diesem Fall die in Stopmotion animierten Dinosaurier. Von da war es also nur noch ein kleiner Schritt zu fantastischeren Filmwelten, wie etwa Sir Arthur Conan Doyles The Lost World (1960), in dem wiederum Dinosaurier eine Hauptrolle spielten – diesmal jedoch in Form trickreich kostümierter Leguane und Krokodile. Die Szenen dieses Films verdeutlichen symbolisch noch ein weiteres Kennzeichen seiner Arbeit, denn sie erscheinen in Form von Archivmaterial in jeder von Allens TV-Serien der 1960er Jahre. Der bekennende Wiederverwerter nutzte Szenen aus dem reichbestückten Filmfundus der Studios, um seine Fernsehserien wie The Voyage to the Bottom of the Sea (1964-68) innerhalb akzeptabler Kostengrenzen zu halten und dennoch spektakuläre Geschichten erzählen zu können. Er galt als sparsam bis hin zur Geizigkeit, schaffte es aber dennoch immer wieder die größten Produktionsbudgets für seine Serien zu verhandeln (u.a. für Land of  the Giants [1968-70] $250.000 Budget pro Folge) und nahm lieber die Einstellung einer Serie in Kauf, als auf Sparpläne der Studios einzugehen. In den 1960er Jahren konnte Allen so vier erfolgreiche und bis heute mit Kultstatus bewertete Science Fiction-Serien verwirklichen: neben Voyage und Giants noch Lost in Space (1965-68) und eben The Time Tunnel (1966-67), seiner bis heute mit größter Begeisterung verehrten Serie. Die 1970er Jahre Sahen Allen teilweise zurück am Filmset, wo er mit The Poseidon Adventure (1972) und The Towering Inferno (1974) Erfolge feierte, während aber seine TV-Produktionen wie The Swiss Family Robinson (1975) nicht an die Hits der 1960er Jahre anknüpfen konnten. Sein Faible für Action- und Katastrophenfilme, von denen er in den 1970er Jahren knapp ein Dutzend produzierte, brachte ihm allerdings in Hollywood den unumstößlichen Ruf des „Master of Disaster“ ein. In den 1980er Jahren versuchte er noch einmal eine Rückkehr zur Science Fiction, die aber nur wenig überzeugen konnte. Sein letzter größerer Erfolg war eine TV-Produktion von Alice in Wonderland (1985). Seinen Fans wird er jedoch auch nach seinem Tod im Jahre 1991 vor allem für seine innovativen TV-Serien, seine spektakulären Action-Szenen und den Ausspruch „Wenn ich die Welt nicht in den ersten zehn Minuten des Films in die Luft jagen kann, dann ist es ein Flop!“ im Gedächtnis bleiben.

The Time Tunnel – Geschichte der Produktion

Als die Serie am 09. September 1966, an einem Freitagabend, auf dem amerikanischen Sender ABC Premiere feierte, da musste sie bereits einige Hindernisse überwinden. Im Gegensatz zu Allens bisherigen Serien The Voyage to the Bottom of the Sea und Lost in Space, die beide einen unproblematischen Start zu relativ konkurrenzlosen Sendeter­minen erreicht hatten, war der Freitagabend fest in der Hand der Konkurrenz von CBS und NBC, die mit The Wild Wild West (1965-69) und Tarzan (1966-69) zwei überaus erfolgreiche Serien auf diesem Platz etabliert hatten. Hinzu kam, dass ABC die Serie im Gegensatz zu den anderen Sendern auf den ‚Halbstundenplatz‘ nach The Green Hornet (1966-67) platzierte und so die Konkurrenzsituation noch verschärfte, da potentielle Zuschauer der Sendung nicht nur das Ende der erstgenannten Serien verpassen würden, sondern auch noch den Anfang der nachfolgenden Hogan’s Heroes (1965-71, CBS) oder The Man from UNCLE (1964-68) – alle vier waren hochbewertete Sendungen und eine schwere Bürde für The Time Tunnel.

Was aber zum Zeitpunkt der Sendung niemand wissen konnte, war, dass gerade einen Tag zuvor bereits ein Science Fiction-Franchise angelaufen war, was aus historischer Perspektive allen Allen Produktionen den Rang ablaufen sollte: Gene Roddenberrys Star Trek. Und dennoch konnte sich ein treues Publikum für die Zeitreise-Abenteuer von Dan und Tony begeistern. The Time Tunnel war zwar im Gegensatz zu allen anderen Irwin Allen-Serien kein sofortiger kommerzieller Erfolg, hatte aber im Laufe der ersten Staffel genügend Publikum in der relevanten Zielgruppe jugendlicher Zuschauer erlangt, um von ABC für eine zweite Staffel verlängert zu werden. Dass es die zweite Staffel niemals geben sollte, lag also weder an Allen (der bei Lost in Space lieber die Absetzung in Kauf nahm, als Budget-Kürzungen) noch an fehlendem Interesse der Zuschauer. Im Gegenteil, die von der kurz zuvor neu eingesetzten ABC-Führung revidierte Entscheidung zur Fortsetzung der Serie (aus programmpolitischen Gründen) wurde 1967 von den Fans mit einer Flut an Protestbriefen und –anrufen quittiert und die Serie gilt bis heute als absolutes Kultobjekt des 1960er Jahre Fernsehens in den USA. Wiederholungsausstrahlungen haben in den folgenden Jahren hohe Quoten erzielt und laufen zum Teil noch bis heute, ganz abgesehen vom kulturellen Einfluss der Serie und des Zeitreisekonzeptes.

Ein Grund für den andauernden Erfolg der Serie dürfte in der Zielgruppe liegen, die in den 1960er Jahren von Fernsehmachern gezielt angesprochen werden sollte. Während die TV-Geschichte die 1950er Jahre als die „Adult Westerns“ Ära bezeichnete, war in den 1960er Jahren erstmals bemerkte worden, dass ein weitaus jüngeres Publikum das Medium für sich entdeckt hatte. Entsprechend wurden Sendungen für Jugendliche entwickelt, die vor allem unterhaltend und wenig anspruchsvoll sein sollten, die auf Effekte, Spektakel und Showqualitäten setzten statt auf glaubwürdige Charakter- und Handlungsentwicklungen. Wie man sich unschwer denken kann, war Allen der ideale Mann für Sendungen, die das sensationswillige junge Publikum mit grandiosen Spezialeffekten und sensationellen Begebenheiten überzeugen konnten. In der Science Fiction gilt bis heute die Binsenweisheit, das die Frage nach dem goldenen Zeitalter, dem  „Golden Age“ der SF, wortspielerisch leicht mit „12“ zu beantworten ist. Zwölf ist das Alter, in dem die meisten SF-Fans gewonnen werden und in dem man von Aliens, Raumschiffen, Robotern und fremden Welten träumt. Und eben genau diesem Aphorismus folgend sind Allens Serien ein Fest für die Sensationslust des Teenagers, wird in ihnen die Sehnsucht nach exotischen Orten, fremden und fernen Zeiten, nach Abenteuer und Realitätsflucht befriedigt. Und eben diese Teenager, die letzte Welle der Babyboomer der Nachkriegszeit, sind im Laufe der Jahre zur ersten Generation SF-Fans geworden, die mit dem Fernsehen als Medium großgeworden sind. Sie haben die Pulp-Hefte der 1940er und 50er Jahre durch die abendliche, serielle TV-Unterhaltung ersetzt und in ihrem Heranwachsen ein nostalgisches Gefühl für ihre Lieblingsserien erhalten. Ihr anhaltendes Interesse hat aus The Time Tunnel einen Kultklassiker des SF-Fernsehens werden lassen.

Deutsche Übersetzung

Das deutsche Fernsehen der 1960er Jahre war vor allem von der Diskussion um den Nutzen und die Aufgabe der ausgestrahlten Sendungen geprägt (Stichwort: Bildungsauftrag) und es dauerte relativ lange bis sich die Sender trotz der industrialisierten Produktionsbedingungen von einer reihenweisen Herstellung und Ausstrahlung von Unterhaltungsserien überzeugen ließen. Zu groß waren die Vorurteile, dass TV-Serien das Fernseh-Äquivalent zum Groschenheft seien und den Zuschauer nur mit massenproduzierter Realitätsflucht bedienten. Entsprechend vorsichtig wurden Serien aus dem US-Fernsehen eingekauft und synchronisiert und so erklärt sich auch, die eingeschränkte Auswahl der ARD, die von 30 bestehenden US-Folgen nur 13 für die Ausstrahlung in Deutschland auswählten. Allens überschwängliche Sensationslust, der Einsatz abstruser Außerirdischer und die teils skurrilen Handlungsverläufe der Sendung wurden durch die Beschränkung auf 13 Folgen in Schach gehalten – man konzentrierte sich auf Episoden mit welthistorisch relevante Ereignissen und ignorierte zu US-lastige Themen und all die Folgen, die zu deutlich dem ARD-Verständnis einer anspruchsvollen Unterhaltung zu wider liefen. So wurden dem deutschen Zuschauer beispielsweise die Eskapaden einer Schar Außerirdischer vorenthalten, die Ende des 19. Jahrhunderts eine Kleinstadt im Westen der USA unsicher machten (in der Folge „Visitors from Beyond the Stars“).

Als die ARD sich also 1971 dazu entschloss, The Time Tunnel dem deutschen Publikum zu präsentieren, da wurden die 13 geeignetsten Folgen ausgewählt und dank der besten Sprecher Deutschlands synchronisiert. Peter Kirchberger (Tony Newman), Horst Stark (Dan Philips), Helmo Kindermann (General Heywood Kirk), Renate Pichler (Dr. Ann MacGeregor) und Günther Jerschke (Dr. Raymond Swain) konnten als Stimmen für die Hauptcharaktere gewonnen werden. Kirchberger war Zuschauern vor allem als die markante Stimme Elvis Presleys bekannt, während Stark dank seiner Rolle als Adam Cartwright aus Bonanza besonders beliebt war. Und auch Kindermann (als Stimme von Charlton Heston und Marshall Thompson aus der TV-Serie Daktari), Pichler (als Schauspielerin in beliebten deutschen Serien wie der Hafenpolizei) und Jerschke (als bekannter Film- und Fernsehschauspieler der 1950er Jahre) waren dem deutschen Publikum keine Unbekannten. Ihrer hervorragenden Arbeit ist es wohl auch zu verdanken, dass sich die Original-ARD-Synchronisation bis heute so großer Beliebtheit erfreut und im Gegensatz zu einer alternativen Neubearbeitung von den Fans für ihre Authentizität und Gravität gelobt wird.

Den Neuversuch der Synchronisation unternahm 1997 der Privatsender Sat.1, in diesem Falle sogar für alle 30 Folgen. Doch die mit 30 Jahren Abstand betrachtete Serie, vor allem die bereits erwähnten übertrieben sensationellen Folgen, die die ARD ausgespart hatte, forderten in der Neufassung ihren Tribut. Die mit Gernot Endemann (Tony Newman) und Edgar Hoppe (Dan Phillips) besetzte Synchronisation ist gegenüber der ARD-Version modernisiert und umgangssprachlicher ausgestaltet, was aber die Serie spürbar farcenhaft wirken lässt und mitunter zu unpassender Komik führt. Die Fassung von 1971 nimmt Allens Serie hingegen ernst und verweist durch ihren sicheren Stil auf die in den Sendern so stark diskutierte Frage um den Anspruch von TV-Serien. Denn trotz aller Action, Spezialeffekte und Sensationslust war Allen nicht daran gelegen eine Comedy zu produzieren, sondern große Fernsehunterhaltung und eben Abenteuer für den Freitagabend. Gerade die Sorgfalt mit der historische Fakten erarbeitet und in der Sendung transportiert wurden ist bezeichnend für die Bewertung der Sendung und eine modernisierte mit Jargon und ironischem Tonfall produzierte Synchronisation konnte diesem Anspruch in den Augen vieler Fans nicht gerecht werden.

Wie oft im Bereich der Science Fiction, gerade in Deutschland, wurde auch bei The Time Tunnel allzu schnell das Groschenheft-Vorurteil einer Billigproduktion bestätigt gesehen und so erschien vor einigen Jahren eine DVD-Box, die sich der 1997er Synchronfassung bediente, aber ansonsten leider nur durch mindere Bildqualität auffiel. Die Relevanz der Serie für Irwin Allen, für das Science Fiction-Fernsehen und vor allem für die Fans, die ihrer Lieblingssendung bis heute treu geblieben sind, wurde diese Box kaum gerecht. Entsprechend formierte sich Widerstand in Fankreisen gegen diese Form der Abwertung der Serie, den die vorliegende Veröffentlichung der Originalserie in der Fassung von 1971 nun zu entkräften sucht. Zum ersten Mal ist nun also die vor mehr als 40 Jahren in der ARD ausgestrahlte Version der Serie wieder hergestellt und dem Publikum in Form dieser DVD-Box zur Verfügung gestellt worden – ganz so als sei sie selbst durch den Zeittunnel zu uns gekommen.

 

Zeitreisen

Die Idee, eine Reise durch die Zeit zu machen, findet sich schon in antiken Geschichtensammlungen, zumeist in Form magischer Reisen oder jahrelanger Schlafperioden, die den Reisenden überrascht in der Zukunft erwachen lassen, oder in Form von Geistern herbeigeführter Reisen in die Vergangenheit, wie etwa in Charles Dickens A Christmas Carol (1843). Doch die technologisch-kontrollierbare Zeitreise dürfte der Imagination H.G. Wells entsprungen sein, der 1895 explizit die Erfindung einer Zeitmaschine und die damit verbundenen Gefahren in seinem Roman The Time Machine festhielt. Seit dieser Pionierleistung hat die Reise in Zukunft oder Vergangenheit der Menschheit eine unbändige Faszination auf Autoren der Science Fiction ausgeübt. Genre-Giganten wie Robert A. Heinlein (in „By His Bootstraps“ oder A Door into Summer), Ray Bradbury (in A Sound of Thunder) oder Poul Anderson (in seiner Time Patrol-Reihe) haben sich der Idee literarisch angenommen.

Neben der literarischen Science Fiction, war die Zeitreise insbesondere für Hollywood in Film- aber auch Fernsehproduktionen eine besonders ergiebige Quelle, die bis heute nicht versiegt ist. Während Filmstudios aber insbesondere eine Reise in die düstere, wohlmöglich strahlenverseuchte Zukunft der Menschheit für deutlich story-würdiger hielten, wie etwa in Ib Melchiors The Time Travelers (1964) oder später im weltberühmten Planet of the Apes (1968) von Frank Schaffner, waren die Fernsehproduktion häufiger an Reisen zu historischen Ereignissen interessiert.

Die Möglichkeit, Science Fiction in historischen Epochen anzusiedeln bot sparsamen Studios nämlich die ideale Gelegenheit Sets wiederzuverwerten und Geld für teure futuristische Technologien zu sparen. So wundert es denn auch nicht, dass bereits frühe fantastische US-Serien wie Captain Z-Ro (1955), The Twilight Zone (1959-64) oder The Outer Limits (1963-65) sich des Themas in einzelnen Episoden angenommen hatten. Einzig die britische SF-Serie Doctor Who (1963-) war Irwin Allen ein paar Jahre voraus, als dieser mit The Time Tunnel die erste US-Serie schuf, deren gesamten Handlung auf der Prämisse der Zeitreise basierte.

Der Unterschied zwischen beiden Serien lag hier aber darin, dass The Time Tunnel zumindest anfänglich auf extraterrestrische Wesen und Raumschiffe verzichtete und statt dessen Wells Konzept einer genialen menschlichen Erfindung deutlich näher stand. Doch wo SF-Literaten wie Heinlein sich der komplexen Physik und der philosophischen Weite hinter dem Konzept bewusst waren, verschiedene Theorien zum Aufbau der Zeit und vor allem unterschiedliche Lösungsstrategien für das Großvater-Paradox durchspielten, da war Hollywood plumper. The Time Tunnel verfolgt jedenfalls keine durchgängige Theorie zu Zeitreisen, zu parallelen Zeitsträngen oder der Veränderung der Geschichte. Diskussionen über die Nicht-Einmischung, wie sie später im Star Trek-Franchise der Fall sind, fehlen hier völlig.

Die kulturelle Einflussnahme, die Allen mit The Time Tunnel erreicht hat, ist jedoch unübersehbar: von billigen B-Produktionen wie Journey to the Centre of Time (1968), Allens TV-Neustart-Versuch mit Time Travelers (1976), über Blockbuster wie Robert Zemeckis Back to the Future-Reihe (1985-90) bis hin zu so erfolgreichen Serien-Highlights wie Quantum Leap (1989-93) hat The Time Tunnel viele Nachfolger entscheidend mit geprägt. Und auch das Konzept des Tunnels, als Portal in fremde Welten wurde dank Allens genialem Set-Design prägend für zukünftige Film- und Serienproduktionen, wie man an Roland Emmerichs Film Stargate (1994) und den ihm folgenden gleichnamigen TV-Serien SG-1 (1997-2007), Atlantis (2004-09) und Universe (2009-11) sehen kann.

Ursprünglich in Teilen erschienen als DVD-Booklet für die Studio Hamburg Neuveröffentlichung der Serie. Der Abschnitt „Zeitreisen“ ist bisher unveröffentlicht.