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Wohlfühlen im Death Metal

Für manche Bands hört der Stress einfach nicht auf. Die finnischen Metal-Helden von Children of Bodom jedenfalls haben einige sehr arbeitsreichen Wochen sowohl hinter als auch vor sich. So viel Stress, dass ein Interview fast nicht stattgefunden hätte.

„Mann, es ist einfach unglaublich. Wir haben die letzten acht Wochen damit verbracht von einem Ort auf der Welt zum nächsten zu jetten und unser neues Album vorzustellen. Ein Interview jagt das andere und immer wieder der Jetlag. Es ist schrecklich. Und in zwei Wochen geht es dann ins Bootcamp für die Live-Auftritte. Wir haben ein ganz intensive Phase mit Proben eingeplant, bevor wir im Sommer schon wieder auf die Festivals verschwinden. Im Moment ist mein einziger Ferientermin.“ Bassist Henkka Seppälä scheint alles andere als begeistert ausgerechnet in dieser knapp bemessenen Freizeit ein weiteres Interview führen zu wollen. Es hilft nur nicht, denn mehrfach hat es schon nicht geklappt und die deutschen Fans wollen nunmal wissen, wie es um „Halo of Blood“ steht, um das neue Album der Children of Bodom.

„Das Album ist für uns eine Rückkehr in ein Gefühl des Wohlbefindens. Wir haben alles so gemacht, wie wir es am liebsten haben, wie wir wissen, dass wir uns wohlfühlen.“ Seppälä ist sich sicher, die Band brauchte nach „Relentless Reckless Forever“ diese Sicherheit. Es war das erste Mal in der Bandgeschichte, dass man einen externen Produzenten an die Regler und ihm Mitsprache bei der musikalischen Gestaltung gelassen hatte. „Es war komisch, so ein sechster Typ im Studio, der mitredet. Im Endeffekt war das schon ok, aber wir wollten mit diesem Album wieder zum Original zurück. Das letzte Album war für uns ein ganz schöner Sprung ins Ungewisse, diesmal fühlten wir uns wieder ganz wie zu Hause.“

Und so ist „Halo of Blood“ in gewisser Weise die Rückversicherung, alte Stärken noch zu beherrschen, sich auf die persönliche Stilrichtung verlassen zu können. Sie knüpfen an die eigenen Traditionen an und bestätigen ihre ganz eigene musikalische Bauart des Metal, irgendwo zwischen Melodiemomenten und harten Death-Einlagen. „Das spannende ist, dass wir zusammen sind seit wir Teenager sind. Da haben sich die Menschen natürlich geändert und alles ist ganz anders. Aber musikalisch, als Band funktionieren wir immer noch genauso wie früher. Alexi bringt ein paar Riffs mit, wir jammen und heraus kommt einfach unsere Musik. Darüber brauchen wir gar nicht nachdenken. Es passiert einfach.“ Und so fühlen sich Children of Bodom am wohlsten. Nur mit „Dead Man’s Hand On You“ wagen sie sich auf Neuland: „Der Song ist so langsam, dass es für uns alle eine riesige Herausforderung war. Wir waren noch nie so balladesk und vom Tempo gedrosselt. Ich bin gespannt, wie die Fans live darauf reagieren, wenn wir es im Sommer spielen.“ Es wird wohl kein Problem darstellen, passt es sich doch schön in den Rest des Albums ein. Und ein wenig Veränderung mag das Wohlbefinden vielleicht sogar noch ergänzen.

Children of Bodom – „Halo of Blood“

Ursprünglich erschienen im Piranha 06/2013