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Aus dem Dunkel

Die 80er Jahre waren nicht immer besonders stilsicher.Da waren zu enge Leggins und Karottenjeans, da waren Goldkettchen und natürlich waren da die schlechten Frisuren. Gerade im Bereich des Hardrock, wie das damals noch hieß, waren viele Bands mit VokuHila und Dauerwelle anzutreffen. Furchtbar. Es ist ein Glück, dass die fünf Schweden der Band Europe sich von diesen Tagen bestens erholt haben und im Jahre 2004 zur Reunion nicht auch die Minipli haben wieder aufleben lassen. Und ganz nebenbei haben sie es geschafft, als eine der wenigen 80er Jahre Bands, ihren Sound in den aktuellen Zeitgeist zu übersetzen. Nicht, dass sie sich vollkommen dem Trend anbiedern müssten, aber zumindest eine Frischzellenkur war auf „Start From The Dark“ zu spüren.

Diese Entwicklung haben die Musiker auf dem neuesten Werk „Secret Society“ weitergeführt. Eine Art ‹berarbeitung des Sounds von damals, ohne dabei die wichtigsten Bestandteile von Europe in Frage stellen zu müssen. Klar, die 80er Jahre Wurzeln bleiben klar erkennbar, aber man hat sich von „The Final Countdown“ musikalisch wie auch textlich verabschiedet. Die große, plakative Stadionhymne war aber zumindest bandgeschichtlich der Auslöser vieler Entwicklungen, nicht zuletzt der Reunion, denn auf der Sylvesterfeier 1999 in Stockholm begegneten sich die Musiker der Originalbesetzung erstmals nach Jahren wieder und entdeckte eine gemeinsame Spielfreude wieder, die auch auf „Secret Society“ durchscheint. Niemand hier braucht mehr das Ego-Tätscheln des weltweiten Ruhmes, das hatten sie ja schon. Das Album ist nicht auf schnelles Geld produziert, es entwickelt sich, besticht durch seine kraftvolle Ruhe und verbreitet dieses warme Gefühl alter Bekanntschaft.

Und mit der Sicherheit der Veteranen haben sich Joey Tempest und Co auch an die Produktion von „Secret Society“ gemacht. Sie kombinierten neben ihren eigenen Studiofähigkeiten, die Künste alter Helden wie Lennart Östlund, der schon mit Led Zeppelin im Studio stand und neuer Recken wie Stefan Glaumann, der sich mit Rammstein und Clawfinger seine Lorbeeren verdiente. So von Klassikern und Modernisierern eingerahmt haben Europe sich wieder auf die großen Rockbühnen zurückgespielt. Dabei kann man dann auch getrost vergessen, dass sie mal unsägliche Frisuren hatten und einen wahnsinnig nervigen Ohrwurm produziert haben. Und sie singen es ja selbst: „It’s not where we’re coming from it’s how we turn from here / We know where we want to go we just need the light to get us there“. Mögen sie das Licht finden, aus dem Dunkel der 80er sind sie jedenfalls raus.

Der Artikel ist erschienen im WOM Magazin Ausgabe 11/06.