Hallo, wir sind die Rocker!
An seiner schmalsten Stelle ist der Ärmelkanal nur 34 km breit und doch kann diese läppische Distanz einen großen Unterschied machen. Dem typischen Inseleuropäer jedenfalls dürfte die Band Hundred Reasons ein Begriff sein. Im Jahre 2000 wurden sie vom Kerrang! zur Besten Newcomer-Band gekürt, hatten sechs Chartsingles und gewannen 2001 gleich noch den Preis für das beste Album. Begibt man sich jedoch auf das Festland, dann stellt man fest, dass die ersten beiden Hundred Reasons-Alben kaum erhältlich sind und auch sonst niemand von dieser Band gehört hat. Das alles soll sich mit dem dritten Werk „Kill Your Own“ ändern. „Mit dieser Platte möchten wir uns endlich beim deutschen Publikum vorstellen. Wir sind eine hart arbeitende britische Rockband und auf Tour werden wir das beweisen. Man sollte uns live sehen, dann wird man besser verstehen, was wir machen. Unsere Musik funktioniert live am besten“, erklärt Gitarrist Larry Hibbitt. Das haben Hundred Reasons auf diversen britischen Festivals wie Reading oder Leeds auch schon bewiesen. Hierzulande werden die fünf Londoner ihren Rocksound erstmal aus dem Netz der Bezeichnungen befreien müssen, die man ihnen verpasst hat. Von Emo bis Core, von Alternative bis Metal. Emotional ist ihre Musik, hart ist sie auch, doch die Emo-Rock-Schublade will einfach nicht zu gehen. „Emotionalität bestimmt doch jede Form von Musik. Diese Bezeichnung kann ich nicht leiden. Wir sind eine Rockband, nichts weiter“, sagt Larry und erklärt weiter: „Emo ist doch ein blödes Wort. Das wird heute auf alles angewandt, was vage an melodisch, punkigen Metal-Rock erinnert.“ Ihre Musik dagegen sei „gemein, mit einem verdrehten Ansatz und einer fiesen Schärfe“, aber das Album hätte auch seine „zuckersüßen Momente“, wie Larry es bildhaft beschreibt. Es ist nun einmal so, Hundred Reasons sind eine Rockband. Sich der Schubladen erwehrend werden sie das auch bleiben. Eine andere Wahl haben sie nicht, denn Musiker zu sein, dass ist laut Larry „die schlimmste Sucht, die du haben kannst. Du kannst dir das nicht aussuchen.“ Wie gut, dass sie jetzt ihre Sucht auch 34 km weiter Richtung Festland befriedigen können.
Der Artikel ist erschienen im WOM Magazin Ausgabe 04/06.
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