Schwarz und Weiß
Was macht man als Band, wenn man nach eigener Erkenntnis das beste Album seiner Karriere eingespielt hat? Klar, man geht und spielt eine Abschiedstour. So jedenfalls sahen das 2007 die Post-Hardcore-Musiker von boysetsfire und erklärten ihren Abschied. „Ehrlich, wir waren uns sicher, dass wir nichts besseres erreichen konnten nach ‚The Misery Index'“, erklärt Robert Ehrenbrand diese Phase der Band. „Es mag eine extreme Reaktion gewesen sein, aber so sind wir halt. Und es eine Pause zu nennen, wäre nicht ehrlich gewesen, weil wir damals nicht wussten, ob wir wieder zusammenkommen würden.“ In der Zeit, so Robert, habe die Band sich all den Dingen gewidmet, die sonst auf der Strecke geblieben wären: andere Projekte, Beziehungen, Familie, Leben.
Aber nach ein paar Jahren fehlte etwas und so fand man zurück zu einander, und es entstand „While a Nation Sleeps“, das zusammen mit der neue Platte „s/t“ so eine Art Schwesternpaar sei, so Robert: „‚Nation‘ ist eine düstere Reise in unsere Gesellschaft. Die neue Scheibe setzt dort an, wo die alte aufhört, und erzählt den Rest der Reise. Es ist ein Album voller Hoffnung, der Befreiungsschlag aus diesem manisch-depressiven Universum. ’s/t‘ ist quasi die helle Seite zur dunklen ‚Nation‘.“ Tatsächlich ist die Musik auf „s/t“ deutlich positiver und vielleicht noch poppiger als auf den Alben zuvor. Und selbst auf dem Cover steht das strahlende Weiß dem matten Schwarz des Vorgängers komplementär zur Seite. „Wir haben es geschafft, endlich all unseren Ballast abzuwerfen und uns die Freiheit zu nehmen, die wir brauchen. Wir haben Emotionen gefunden, die wir noch nie zuvor auf einer Platte zum Ausdruck gebracht haben. Die Platte bewegt uns, und sie stellt eine ganz wunderschöne Reise dar. ‚Misery Index‘ ist unser persönlicher Benchmark für unsere Arbeit und mit ’s/t‘ ist uns endlich eine Album geglückt, dass daran heran reicht – ich hätte das nie für möglich gehalten, aber wir haben es vielleicht sogar geschafft das Album zu überbieten.“
Boysetsfire – „s/t“
Ursprünglich erschienen im Piranha 10/2015