Die magische Anziehungskraft des Weibes
Lennon Murphy kann auf vieles Stolz sein in ihrem Leben, unter anderem auf ihr künstlerisches Talent als Sängerin, dass sie schon in die Wiege gelegt bekommen hat. Bereits als kleines Kind hat sie gesungen und so wundert es nicht, dass sie in den USA bereits seit 2001 insgesamt drei erfolgreiche Soloalben unter dem Namen Lennon veröffentlicht hat. Sie selber sagt über sich, dass sie den Auftritt auf einer Bühne seit ihrem 15ten Lebensjahr braucht, wie ein Fisch das Wasser. Mit ihrem neuen Projekt Devil’s Gift schlägt die jetzt 26-Jährige einen härteren Weg ein: „Mit Devil’s Gift habe ich zum ersten Mal die Gelegenheit meine harte Ader aus zu leben. Ich wollte schon immer Metal machen und nun ergibt sich endlich die Gelegenheit dazu. Außerdem wollte ich eine Familie um mich haben. Fünf Leute, die alle an dem gleichen Strang ziehen und das selbe Ziel haben. Nicht nur ich alleine“, erzählt Lennon über das Projekt. Dabei zielten ihre anderen Alben nicht unbedingt extrem weit davon ab, denn auch die Studioarbeit an Lennon hat den einen oder anderen Song hervorgebracht, der mit Stromgitarren protzen kann. „Die Lennon-Sachen sind auch nett, aber ich sage immer, es gibt drei Lennon. Einerseits ist da Lennon im Studio, mit Band und dann machen wir Musik für den großen Markt, dann ist da Lennon mit Devil’s Gift. Da schreie ich und kann mich austoben, wie sonst nur auf der Bühne. Und dann ist da Lennon solo, nur ich und das Klavier bzw. die Gitarre. So spiele ich meistens live, weil es leichter ist eine Buchung zu bekommen. Damit verdiene ich mein Geld, aber das ist eher nur ein Job. Richtig Spaß macht es, wenn ich loslegen kann.“ Lennon lacht bei dieser Aussage und schaut unter der riesigen Sonnenbrille hervor, die heute ihr Antlitz verbirgt.
Die Scheu ist der langen Nacht zuvor geschuldet und keineswegs angeborene Schüchternheit. Denn Lennon hat viele Vorzüge. Einer der offensichtlicheren ist die Tatsache, dass sie ein Suicide Girl ist und ihre Sexualität durch jede Pore ausstrahlt. Die kleine und zierliche Frau am Tisch gegenüber ist selbstsicher und weiß ihren Körper als Potential einzusetzen. Mit Tattoos und Piercings versehen ist er ihr Kapital. Lennon wirkt stolz, als sie erzählt, wie sie im Vorprogramm von Bands wie Mötley Crüe zu überzeugen weiß. „Mann, es ist doch so. Wenn du als Vorgruppe da bist, dann ist den Leuten das völlig egal. Die wollen ein Bier trinken gehen und sich unterhalten. Aber ich habe es schon oft genug erlebt, dass hinterher einige Kerle ankamen und mir erzählt haben, sie hätten auf die Bühne geschaut und mich gesehen und das war’s dann. Wörtlich hieß das: ‚Deine Titten haben meine Aufmerksamkeit erregt, aber deine Musik hat mich überzeugt.‘ Das ist doch großartig. Mein Körper ist der sprichwörtliche Fuß in der Tür, danach überzeuge ich durch musikalisches Talent.“ Lennon ist stolz auf sich und ihr Aussehen und nutzt die weiblichen Attribute geschickt, um sich und ihre Musik zu vermarkten. Wieviel Crüe-Fans jedoch tatsächlich die Lennon-Platte gekauft haben, das mag man hinterfragen können.
Lennon kratzt das wenig, ebenso wie die Anfeindungen durch Frauenrechtler oder die schrägen Blicke von weiblichen Kollegen, die sich nicht so vermarkten lassen wollen. „Das ist doch Bullshit. Ich habe nun mal einen Körper und nur weil ich als Frau im Rockbereich Erfolg haben will, muss ich das gleich mit der großen Emanzipationskeule machen und mich gegen mein Aussehen wehren? Fuck off, ich bin nun mal sexy und die Männer fahren drauf ab, warum sollte ich das nicht für mich nutzen? So eine aufgesetzte Politik will ich nicht für mich. Ich bin, wie ich bin.“ Das ist mal eine Aussage. Devil’s Gift jedenfalls können davon nur profitieren. Schließlich ist ihre Frontfrau gerade von der Männerzeitschrift Maxim zum „Girl of the Month“ gekürt worden, und ganz nebenbei ist sie „Sexiest Girl in Rock“. Was will man mehr?
Ursprünglich erschienen im Access All Areas 11/2008.