Wille zur Veränderung

Bis zum letzten Album waren Sport ein Hamburger Independent-Trio, doch seither hat sich viel verändert, persönlich, geografisch aber auch musikalisch, und nichts ist mehr so, wie es einmal war.

Im fünfzehnten Jahr ihres Bestehens ist Sport so einiges an Veränderungen ins Haus geflattert und Sänger und Gitarrist Felix Müller muss sich erst noch an die gewandelten Verhältnisse gewöhnen, die zum neuen Album geführt haben. Also schleicht er vorsichtig in das Kinderzimmer seiner kleinen Tochter, um in Ruhe telefonieren zu können: „Das ist wohl die größte Veränderung der letzten Jahre: ich habe geheiratet und wir haben mittlerweile zwei Kinder,“ sagt Müller und klingt dabei entspannt, trotz der spielenden Kleinen, die leise im Hintergrund zu hören sind. „Und weil meine Frau aus beruflichen Gründen nach Berlin musste, haben wir uns eben zum Umzug entschieden. So ist das eben mit der Fremdbestimmung, manchmal kannst du das Leben nicht steuern und musst dich auf neue Situationen einstellen lernen.“ Kaum zwei Minuten dauert das Interview und schon sind wir nicht mehr bei Privatem, sondern gleich beim Kern des Albums. Doch irgendwie sind die textliche Ausrichtung der Platte und die Veränderungen im Leben kaum zu trennen, thematisiert „Aus der Asche, aus dem Staub“ doch genau diese Momente, die Entscheidungen und die Wege des Lebens: „Das Thema des Albums ist der bewusste Schritt heraus aus diesem sicheren, eingerichteten Leben. Dieses ‚vor-sich-hin‘ Leben und die Impulse von Außen, die einen dazu bringen können, sich zu verändern, vor allem beruflich.“

So wie eben ein Umzug nach Berlin, der die Band kurzerhand räumlich teilte. So musste das Album dann auch über Umwege produziert werden, in Teilen und in immer wieder übereinander gelegten Tracks. Dadurch haben die Songs weniger das kompakte Flair des Vorgängers sondern sind komplexer, vielschichtiger geworden und treffen gut den neuen Ton der Band, die seit kurzer Zeit von einem Trio zu einem Quartett angewachsen ist: „Ja, noch so eine Veränderung. Ich hatte schon öfter das Gefühl, die Songs forderten einfach eine weitere Gitarre und jetzt haben wir endlich die Möglichkeit das auch live umzusetzten. Jan-Eike kannte ich von einem Konzert, wo mir sein Stil aufgefallen war,“ erzählt Müller und freut sich über die Erweiterung der Band: „Er ist jetzt Teil der Familie und hat uns nach 12 Jahren als Trio mal so richtig durchgeschüttelt, frischen Wind in die Bude gebracht.“

Der Wind macht sich auch musikalisch bemerkbar, ist „Aus der Asche, aus dem Staub“ doch ein deutlich variableres Album als „Unter den Wolken“. So drücken die Sportler mal stärker auf die Tube, oder ergehen sich in anderen Songs in avantgardistischen Strukturen, fetzen mal die verdoppelten Gitarren durch einen Song oder treffen in einem anderen auf leise Piano-Klänge. Veränderungen sind gut, so die Aussage der Scheibe, sie bieten Raum zur Entfaltung, in der Musik, wie auch im Leben. Und so beenden wir das Interview ebenso entspannt, als das Töchterchen gerne ihr Zimmer wieder zum Spielen zurück haben möchte.

Sport – „Aus der Asche, aus dem Staub“

Ursprünglich erschienen in Piranha 01/2012 und auf Piranha.tv