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Game-Tipp: Mass Effect 2 (PC, PS3, Xbox 360)

Review: Mass Effect 2 von Electronic Arts (2010) für PC, Xbox 360, PS3

Ursprünglich erschienen im Kreuzer 03/2010.

Es ist eine dieser unschuldigen Sünden, die einem irgendwie peinlich sind, von denen man aber doch nicht lassen kann. Seifenopern sind ein kulturelles Phänomen. Der eine schaut die solide Lindenstraße, der andere mag lieber das Western-flair von Bonanza, und wer es gerne etwas futuristischer hätte, der greift zur Space Opera. Als Genre gibt es die Weltraum-oper seit 1928 und E.E.Smiths Roman Die Abenteuer der Skylark. Am bekanntesten sind wohl die SF-Größen Star Trek und Star Wars – beides reinrassige Vertreter der Space Opera. Und seit den 80er Jahren bietet auch das Computerspiel einige interessante Beispiele, wie eben die Mass Effect-Reihe.

Mit Mass Effect 2 erfüllen die Entwickler von BioWare alle Klischees des Genres, nicht zuletzt in der Tatsache, dass es sich um den zweiten von drei Teilen der Saga handelt. Und so kann man seinen Commander Shepard und alle Entscheidungen, die zu Teil 2 geführt haben, in das Spiel importieren. Eine Space Opera lebt schließlich von ihren übergroßen Figuren, von ihren Welten-rettern und Frauenhelden. ME2 ist da keine Ausnahme, und schon zu Beginn des Spiels wird klar, es geht erneut darum, die Menschheit vor einer gnadenlosen, intergalaktischen Bedrohung zu retten. Dazu kehrt Shepard von den Toten zurück, stellt sich eine illustre Mannschaft freakiger Aliens zusammen und muss sich in politische Intrigen verwickeln lassen. Natürlich hat man, ganz dem Skandal von Teil 1 und den Genrekonventionen folgend, nebenbei jede Menge heißer Flirts und wilder Liebesnächte mit den anderen Crewmitgliedern. Captain Kirk lässt grüßen. Aber die zwischen-menschlichen Beziehungen und das persönliche Drama sind das Highlight einer jeden Space Opera, und so laufen die Entwickler zur Hochform auf, wenn es um Charaktere und Dialoge geht. Diese Kunst stellt das absolute Plus des Spiels dar, das wie kein anderes die Schicksale der virtuellen Darsteller verwebt und ein dichtes Erzählnetz aufspannt.

Das Minus des Spiels ist jedoch nicht weit entfernt, denn statt sich auf das Rollenspiel-Element zu konzentrieren und den Charakteren einzigartige Fähigkeiten und Entwicklungen zu geben, verlassen sich BioWare fast ausschließlich auf Action. Natürlich sind Kämpfe von Gut und Böse ein wichtiger Teil des Genres, aber ein derartiger Action-Fokus hat dem Spiel geschadet, und so ebbt die Spannung einer guten Geschichte mit genialen Figuren nach einigen Stunden Spielzeit einfach zu sehr ab. Das Spiel ist zwar gut spielbar und balanciert, verliert aber ein wenig die Herausforderung, insbesondere im Aspekt der planetaren Erforschung. Eine gute Space Opera muss nämlich auch das bieten: fremde Welten und ein Schiff in unbekanntem Terrain. Und mit der Normandy SR-2 ist auch ein tolles Gefährt gegeben, dass bis an die Zähne mit Waffen und Optionen aufgerüstet werden kann. Nur leider kommt all das nie zum Einsatz. Stattdessen scannt man einen leblosen Felsen nach dem anderen. Realistisch, aber eben nicht Teil einer guten Space Opera.

Es bleibt also zu hoffen, dass ähnlich Lucas zweiter Trilogie, nach einem durchschnittlichen zweiten Teil ein fulminanter dritter folgen mag. Im Sinne der Space Opera wäre das akzeptabel und als Fan gehört es dann zum guten Ton, den zweiten Teil trotzdem oder gerade deshalb zu mögen.