Gezielter Abstieg vom Olymp

Den einen großen Hit landen – das ist ein Traum vieler Bands, die sich davon einen Durchbruch und den Aufstieg in den Musiker-Olymp erhoffen. Doch für Joey Tempest und seine Bandkollegen von Europe war der Erfolg von „The Final Countdown“ ein zweischneidiges Schwert: „Wir waren die größte Band des Planeten, und dann ging alles den Bach runter. Man hat uns als Popstars behandelt, wir sollten Playback singen und Hits vom Fließband produzieren“, sagt Tempest. Bassist John Levén stimmt zu: „Das war nicht unsere Vision eines Rockstars!“ Und so kam der Fall und schließlich die Pause in den 90er Jahren.

Mit „Start from the Dark“ ging es dann 2004 weiter, auf einem kleinen Label und mit dem Gefühl selber am Steuer zu sitzen und den Weg zu bestimmen. „Bag of Bones“ ist das vierte Album der ’neuen‘ Europe und bringt einen warmen 70er Jahre-Sound mit sich. „Wir trauen dem digitalen Zeitalter nicht“, sagt Tempest und meint, Europe sei wieder bei seinen Wurzeln angekommen. „Der Bluesrock von damals hatte noch Gefühl, der hatte Herz.“ Das Album ist erwachsen, rockig, handgemacht, und nicht auf Hits geschrieben. Mit ihm gehen Europe konsequent ihren Weg, gezielt weg von den Keyboard-Hymnen der 80er Jahre. Sie wollen nicht mehr auf den Olymp. Dort hat es ihnen nicht gefallen. „Wir wollen einen neuen Anlauf nehmen, unsere Vision erfüllt zu sehen. Rockmusik ohne Hype“, sagt Levén: „Wir entwickeln uns diesmal so wie wir es wollen. Und das sollen die Leute entdecken, dann stimmt alles.“

Ursprünglich erschienen im Piranha 05/2012 und auf Piranha.tv