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Man muss auch über sich selbst lachen können

Den 20-jährigen Bandgeburtstag haben Oomph! vor drei Jahren leise gefeiert, aber dass dieses Jahr sowohl das Jubiläum des Debüts als auch eine neue Scheibe anstehen, dürfte Grund genug für etwas Tamtam sein.

Erstaunlich ausgeschlafen treffen die drei Herren aus Wolfsburg am Mittag im Foyer ihres Hamburger Hotels ein, obwohl die Nacht zuvor lang war und man ausgiebig gefeiert hat. „Wir waren in der Großen Freiheit beim Oomph!-Day. Das ist eine Mischung aus Release-Party und Fan-Treffen, die wir regelmäßig seit ein paar Jahren veranstalten, um den Kontakt mit den Fans zu halten“, erklärt Flux die Party. Und dort wurde gerade das elfte Studioalbum vorgestellt, mit dem die Band einen für sie ungewöhnlichen Ton anschlägt. Sänger Dero meint, die Band suche für jedes Album nach neuen Herausforderungen: „Immer wieder das gleiche machen ist künstlerisch ne Nullnummer.“ Und dieses Mal, so zumindest suggerieren Titel und Cover des neuen Werkes, ist der Humor ein zentrales Element: „Ja, es ging uns um die Selbstironie, weil wir uns einfach nicht so bierernst nehmen wollten“, sagt Dero und verweist darauf, dass er am besten über seine eigenen Fehler schmunzeln kann. „Wir wollten uns aus der Verkrampfung lösen, wollten kein störendes Korsett für unsere Arbeit – egal von wem. Für uns gibt es da keine Limitierungen und über sich selbst zu lachen, nimmt einem den Zwang.“

Entsprechend der Prämisse, sich selbst nicht ernst zu nehmen, die Ironie voll auszuleben und sich der eigenen Band 20 Jahre nach dem ersten Album neu zu nähern, klingt „Des Wahnsinns Fette Beute“ vielseitig, verspielt und immer wieder überraschend. Zum Beispiel, wenn Dero, Crap und Flux zu einem Hans-Albers-Seemanslied anstimmen. „Wir haben lange überlegt, wie wir das Oomph!-entsprechend umsetzen“, erklärt Flux, „und sind dann zum Entschluss gekommen, eben auch die Musik ironisch auf die Spitze zu treiben: mit Shanty-Chor, Quetschkomode und verstimmten Klavier.“ So dürfte es allerdings noch schwerer fallen, die Band in eine Schublade zu stecken. Und auch für Fans ist ein solcher Stilbruch nicht immer leicht zu verkraften: „Wir hatten gestern Abend schon mit so einigen verbalen Schellen gerechnet“, meint Crap und nickt wissend den anderen beiden zu, „aber die Reaktionen waren ok. Unsere Fans sind das von uns schon gewohnt.“

So veränderten Oomph! in den letzten 20 Jahren öfters Stil und Sound der Band. Als damals „Oomph!“ 1992 erschien, da machten sie beispielsweise ‚Electronic Body Music‘ mit theatralisch-düsteren Texten, die heute schon etwas irritierend wirken: „Damals haben wir das todernst gemeint, wir waren jung und Bands wie NitzerEbb oder Front 242 waren unsere Vorbilder“, gibt Flux zu. Auf der Tour im Herbst werden sie zum ersten Mal seit Jahren wieder die alten Songs spielen und sie mit einem ironischen Twist versehen wie Flux verspricht: „Wir könnten ja versuchen, die Songs genau wie früher zu performen, mit Kostümen und allem. Das wäre bestimmt eine Herausforderung.“

Ursprünglich erschienen im Piranha 06/2012 und auf Piranha.tv