Ein neuer Anfang
„Musikalische Differenzen“ sind ein Begriff, den man in der Musikbranche öfters hört. Sie stehen für das Ende einer Partnerschaft, können aber auch einen Neuanfang bedeuten – wie jetzt im Falle der Band Opeth.
Manche Bands haben es etwas schwerer als andere ein festes Line-Up beizubehalten. Gerade in Bands, die von einer starken kreativen Persönlichkeit geführt werden, ist das der Fall. Opeth zählen auch zu diesen Bands, und so mussten die schwedischen Metaller schon diverse Male ihr Line-Up wechseln. Bandgründer, Gitarrist und Sänger Mikael Akerfeldt gilt als nicht ganz einfach, soll ein Kontrollfreak sein und vor allem kreativ dominant sein. Doch mit Fredrik Akesson hat Akerfeldt nun nach dem Abgang von Peter Lindgren einen neuen Gitarristen mit ins Boot geholt. Akesson spielte zuvor bei Archenemy und war schon seit Jahren mit Akerfeldt bekannt: „Ja, Mikael hat mich vor Jahren mal in einem Pub gesehen. Dort habe ich grausame Coverversionen von King Crimson gespielt, aber ihm hat es trotzdem gefallen. Wir haben uns danach getroffen und wollten mal zusammen jammen. Das hat aber irgendwie nie hingehauen. Wir haben uns dann immer wieder auf Konzerttouren oder Festivals getroffen und darüber geredet. Als er im Januar 2007 anrief, ich solle doch bei ihm mal vorbeikommen, habe ich mir nichts dabei gedacht“, erzählt Akesson. Der freundschaftliche Anruf hatte aber einen tiefer liegenden Grund, denn Opeth brauchten zu diesem Zeitpunkt einen neuen Gitarristen. „Ja, das habe ich erst später bemerkt. Mikael hat mich vorspielen lassen, ohne dass ich es mitbekommen hätte. Er hat mich reingelegt. Ein paar Wochen später rief er an, und meinte, ich sei seine einzige Wahl. Ich hätte also gar keine andere Wahl als bei Opeth einzusteigen. Ich war total platt.“ Was für ein Lob, der kreative Kopf der Band wollte ausgerechnet ihn dabei haben. Also flugs die Band gewechselt und schon am neuen Album mitgearbeitet. Das hatte für Akesson auch gleich den Vorteil seine Arbeit besser einteilen zu können: „Mit Archenemy war das alles schwieriger, weil wir nicht in der gleichen Stadt gewohnt haben und daher nicht regelmäßig proben konnten. Bei Opeth hat mir genau das geholfen, mich in die Band einzufügen.“ Dabei hatte Akesson mit Akerfeldt einen schwierigen Gegenpart in der Band. Aber die Kooperation schien wunderbar funktioniert zu haben: „Ja, Mikael ist toll. Wir haben gegenseitig von einander gelernt und uns gegenseitig inspiriert. Er hat mich nicht kontrolliert, sondern sich auf meine musikalischen Fähigkeiten verlassen.“ Im Rahmen von Opeth bedeutet das aber dennoch, dass Akerfeldt alle Songs zum neuen Album „Watershed“ selber geschrieben und als Demo eingespielt hat. Die anderen Mitglieder waren ’nur‘ dafür zuständig eine gute Umsetzung zu leisten, die kreative Arbeit liegt bei Akerfeldt. Und der hat sich mit „Watershed“ erneut noch weiter in den Zwiespalt aus progressiven, teils akustischen Songteilen und mit Shouts und Growls unterlegten Metal-Parts begeben. Noch mehr wird die Janusköpfigkeit dieser Band deutlich und noch mehr steht Opeth für das Ausloten der musikalischen Grenzen des Metal. „Ja“, bestätigt Akesson, „das Album ist für Mikael eine Art Aufbruch, der Beginn von etwas Neuem. Der Dammbruch für die Zukunft der Band“.
Ursprünglich erschienen im Piranha 06/2008.