Rock-Reggae-Revoluzzer

In der Tradition der 60er Jahre-Songwriter, mit viel politischem Engagement und jeder Menge Tatkraft, um den Worten nachzuhelfen, machen sich State Radio auf die USA zu revolutionieren. Am 20. August kommen Sänger Chad Stokes und seine beiden Bandkollegen nach Leipzig auf das Highfield Festival. Der Kreuzer hat vorab mit Stokes über Politik, Musik und natürlich sozialen Aktionismus geredet.

Kreuzer: Chad, seit unserem letzten Treffen sind ein paar Jahre vergangen und es hat sich politisch viel in den USA verändert. Wie ergeht es State Radio im Moment?

Chad: Uns geht es sehr gut. Egal wo wir auch hinkommen, wir haben das Gefühl, dass sich etwas bewegt und dass wir mitten drin sind. Es scheint, als sei dieses Land endlich aufgewacht und wäre bereit sich politisch und vor allem sozial zu engagieren. Das gab es so schon sehr lange nicht mehr und das freut uns natürlich sehr.

Kreuzer: Und wie sehr meinst du, hat das mit George Bush und seiner Politik zu tun?

Chad: Auf eine gewisse Art hat uns dieser Präsident einen Gefallen getan, weil er es tatsächlich geschafft hat, viele sehr unpolitische Menschen wieder wach zu rütteln. Dort, wo sich die Trägheit der 90er Jahre breit gemacht hat, dort sind jetzt wieder Menschen bereit ihre Meinung vorzubringen. Denk doch nur mal an die Dixie Chicks. Das wäre ohne die Polarisierung durch Bush gar nicht möglich gewesen.

Kreuzer: Dann ist also dank Bush alles in Wallung geraten und nun mit Obama wird alles gut, oder wie muss man das verstehen?

Chad: Nein, natürlich nicht. Die Notwendigkeit zu handeln bleibt ja bestehen. Aber die Stimmung im Land ist positiver geworden. Und mit Obama haben die Leute Hoffnung geschöpft. Aber er ist eben auch kein Allheilmittel. Er verstrickt sich in politischen Gefechten, verliert viel Support, wie etwa bei der Einführung des allgemeinen Krankenschutzes. Er hat gute Ideen, aber wenn wir das Land voran bringen wollen, dann muss jeder von uns anpacken. Es kann nicht an einem Mann liegen, wie gerade die Ölkatastrophe doch beweist. Alle müssen mitmachen. Die Konzerne, die Politiker aber auch alle anderen. Wir, die Menschen.

Kreuzer: Hast du deswegen CallingAllCrows.org gegründet?

Chad: CallingAllCrows ist eine Service-Organisation, bei der wir versuchen, Musik und soziales Engagement miteinander zu verbinden. Wir versuchen bei jedem Gig, in jeder Stadt, die wir besuchen, einen Dienst zu erbringen. Wir gehen in Suppenküchen, wir begrünen Innenstädte, unterstützen Kindergärten oder laufen auf einem Awareness-Walk für Krebsvorsorge mit. Alles, was die Menschenrechte unterstützt. Von kleinen Aktionen bis zum großen Aktivismus unterstützen wir die gute Sache, so wie wir sie verstehen.

Kreuzer: Hat sich euer Engagement dort verändert? Auf dem ersten Album zumindest waren die Songs noch weniger politisch explizit. Auf Let It Go, dem dritten Album, ist jetzt jede Menge politisches Statement von Euch zu hören. Was hat sich verändert?

Chad: Ich denke, verändert hat sich einfach nur unser Selbstbewusstsein, dass wir politisch die Dinge bewegen können. Auf Us Against the Crown habe ich noch versucht, meine Meinung in persönliche Geschichten zu kleiden. Ich habe über Leute gesungen, die ich kennen gelernt hatte, ihre Sicht der Dinge erzählt. Heute, ist es wohl eher so, dass wir Musik und politisches Engagement so sehr verbinden, dass die Geschichten größer werden. Ich lebe sowohl in der Musik als auch durch die soziale Aktion, das verbindet sich jetzt einfach zu einem großen Ganzen. Aber auch auf Let It Go ist Persönliches zu finden. Die Geschichten gehen nicht verloren. Ich ergänze sie jetzt einfach durch explizitere Aufforderungen.

Kreuzer: Ok, das leuchtet ein. Aber eine letzte Frage habe ich noch. Neben deinem politischen Engagement und deinen stark an das Songwriting der 60er Jahre erinnernden Texten fällt an State Radio auf, dass ihr Punk, Rock, klassisches Songwriting und Reggae miteinander verbindet. Warum ist das so?

Chad: Keine Ahnung. Dazu kann ich eigentlich nur sagen, dass wir diese Musikrichtungen immer schon mochten. Und alles, was du gerade aufgezählt hast verbindet ja eine Aussage, ein Engagement für die Veränderung der Gesellschaft. Das war bei Songwritern in den 60er Jahren so, bei den Reggaebands der frühen 70er und bei den Punks der späten 70er. Wir haben uns einfach nicht festlegen wollen und lieber alles in unsere Musik aufgenommen, was uns gefallen hat. Wir spielen von Herzen, der Rest ergibt sich eigentlich von selbst.

Kreuzer: Na das sind mal tolle Schlussworte, danke für das Interview und bis bald auf dem Highfield.

Chad: Ja, danke. Wir freuen uns schon sehr.

Ursprünglich erschienen im Kreuzer 08/2010.