Mach mit, pack an!

Dispatch zählen in den USA zu den wohl erfolgreichsten Bands der letzten zehn Jahre, und das ohne Label und Marketing. Chad Stokes, ein Drittel der multitalentierten Band, spricht über die erste Platte in mehr als 12 Jahren, die politische Botschaft und seine Rolle als Musiker. 

kulturnews: Ihr habt euch 2002 als Band getrennt. Das letzte Album ist noch länger her – warum jetzt die Veröffentlichung von „Circles Around The Sun“?

Chad Stokes: Wie du vielleicht weißt, haben wir in der Zeit seit damals sehr wohl als Band noch live gespielt und alle paar Jahre ein großes Benefizkonzert gegeben. Und jedes Mal haben wir vorher geprobt, damit die Konzerte ein Erfolg werden. Das ist jede Menge Arbeit für einen Abend. Irgendwann war uns das zu doof und wir dachten uns, warum gehen wir dann nicht gleich auf eine Tour. Nur wollten wir dafür nicht nur das alte Material haben. Also haben wir neue Songs geschrieben und so ist halt das Album entstanden.

kulturnews: Habt ihr die Differenzen bereinigen können, die euch damals auseinander gebracht haben?

Stokes: Ja, wir sind alle älter geworden und auch wenn nicht alle Probleme zwischen uns verschwunden sind, so haben wir doch einen gewissen Frieden mit uns selbst und den anderen erreicht. Wir fühlen uns wohl miteinander und sind dank unserer Soloprojekte auch nicht mehr so unglaublich angestrengt dabei. Dispatch muss nicht mehr als einziges Outlet für unsere Egos herhalten und so können wir die Fähigkeiten der Anderen besser anerkennen.

kulturnews: Gutes Stichwort – ihr seid alle drei Multi-Instrumentalisten und schreibt auch alle drei Songs für die Band. Wie stimmt ihr da ab, wer was spielt und singt?

Stokes: Das ist ganz einfach. Normalerweise singt derjenige von uns, der den Hauptanteil des Songwritings hatte, und der spielt auch die Lead-Gitarre. Und die beiden anderen knobeln aus, wer gerade mehr Lust auf Bass oder Drums hat. Live ist das sehr lustig, weil wir ständig die Positionen tauschen. Da kommt keine Langeweile auf.

kulturnews: Und eure unterschiedlichen Stile in Bezug auf euer Songwriting – Wie funktioniert das dann auf „Circles“?

Stokes: Das ist ganz interessant, weil meine Songs normalerweise sehr politisch sind. Durch meine Arbeit mit State Radio habe ich aber die kontroversen Themen eher dort verarbeitet, so dass meine Songs diesmal fast schon die poetischen Momente des Albums ausmachen. Pete ist hingegen sehr persönlich und erzählt Geschichten, die ihm wichtig sind. Und Brad ist diesmal der politische Songwriter, in seinen Songs kommt unser Engagement besonders durch.

kulturnews: Ihr seid schon immer recht aktiv gewesen in Sachen politisches Engagement: Menschenrechte, Arbeitslosigkeit, die Ausbeutung Afrikas, Bush und der US-Imperialismus. Was ist diesmal euer Hauptanliegen?

Stokes: Dispatch als Band behandelt unterschiedliche Themen, aber aktuell engagieren wir uns besonders stark gegen die Bildungskrise in den USA. Die Rate der Abbrecher auf der Highschool ist unglaublich hoch und damit gehen dem Land ganze Generationen als Nachwuchs verloren. Das ist erschreckend und beginnt meist schon in der Grundschule. Dort werden, abhängig vom sozialen Umfeld der Kinder, die Weichen für die entsprechende Karriere – also Abbruch oder Abschluss – schon in der zweiten oder dritten Klasse gestellt. Und diesem Pfad folgen die meisten dann unabänderlich.

kulturnews: Euch eilt der Ruf voraus, dass ihr nicht nur über sozialen Themen singt, sondern auf Touren auch immer wieder selber anpackt. Und ihr fordert eure Fans auf mitzumachen. Wie sieht das konkret aus?

Stokes: Stimmt, bei Problemen zu helfen ist für uns genauso wichtig, wie Aufmerksamkeit dafür zu generieren. Wir sammeln Geld- und Buchspenden auf unseren Konzerten, beteiligen uns am AmeriCorps City Year Programm, das Freiwillige als Berater und Ansprechpartner für lernschwache oder Abbruch gefährdete Schüler in Schulen schickt. Wir unterstützen Teach for America, eine Organisation, die Uni-Absolventen an Highschools schickt, um dort eine Zeit zu unterrichten. Und wir helfen bei Aktionen vor Ort mit kleineren Sachen: eine Schulhofsäuberung, ein neuer Fassadenanstrich, ein kleines Konzert für die neue Bibliothek – so etwas.

kulturnews: Wow, das klingt als hättest du viel zu tun. Vielen Dank das du dir dann Zeit für das Interview genommen hast.

Circles Around The Sun ist bei Nettwerk erschienen.