Das Drama, oh, das Drama!
Berichte zu My Chemical Romance – „The Black Parade“, erschienen im King Magazin und im Slack Magazin, jeweils 11/2006
King
My Chemical Romance haben sich schon auf ihrem letzten Album „Three Cheers For Sweet Revenge“ zu einer großen Showband entwickelt. Das Video zu „Helena“ zeigt sie in schwarzen Anzügen auf einer Beerdigung, in „Ghost Of You“ drehten sie gleich einen ganzen Film über die amerikanischen Soldaten im Zweiten Weltkrieg. Mit ihrem neuen Album „The Black Parade“ setzen sie noch einen oben drauf, dafür haben sie sich kurzerhand in eine Alter-Ego Band verwandelt. Sie sind zur Marschkapelle „The Black Parade“ geworden und begehen ihre Musik jetzt in Form einer extrem an die Musicals Cabaret oder Chicago erinnernden Melodramatik, die das ihnen verpasste Emo-Korsett mit Genugtuung sprengt. Gerard Way, Sänger der Band, erklärt seine Faszination für das Musiktheater so: „Ich bin mit einer gesunden Diät an Showtunes und Filmen wie Cabaret und Musicals im Allgemeinen aufgewachsen. Viele Künstler, die ich liebe, haben sich schon damit beschäftigt: Nick Cave, Tom Waits oder die Doors. Das war inspirierend und bedurfte einer Neuinterpretation.“ Die haben sie jetzt vorgelegt, in Form einer theatralischen Rockoper. großes Drama!
Der Artikel ist erschienen im KING Magazin Ausgabe 11/06.
Slack
Mit ihrem dritten Album „The Black Parade“ beschreiten My Chemical Romance neue Wege, nicht nur in Sachen Musik, sondern auch für sich selbst. Sie haben sich in eine neue Band verwandelt und das ist hier wörtlich zu verstehen, denn sie tragen jetzt die Uniformen eines Spielmannszuges und hören auf den Namen The Black Parade. „Es war nötig, dass wir uns neu erfinden, damit wir in einer theatralischen Umgebung funktionieren konnten. Der Sinn dahinter, zur Black Parade zu werden war, eine dramatische Verkörperung, eine Fleischwerdung des Konzeptes zu erreichen. Nur so konnten wir dieses riesige Konzept auch live umsetzen“, verrät Gerard Way der Sänger der Band. Es geht darum, den Erfolg von My Chemical Romance und die damit verbundenen Erwartungen zu unterminieren. Die Band wollte sich den musikalischen Freiraum schaffen, jenseits der Grenzen von Post-Hardcore oder Emo zu arbeiten. Und das Album spricht ganz klar eine Sprache des Widerstandes gegen jegliche Schubladen. „Es ging uns darum Erwartung nicht zu erfüllen, sondern zu übertreffen und dabei der Redundanz ein Schnippchen zu schlagen. Nichts ist unfruchtbarer als ewige Wiederholung, insbesondere als Musiker. Und es definiert uns auch nicht, dass unsere Musik aggressiv und schnell ist. Was uns charakterisiert ist das Bedürfnis, uns selbst ausdrücken zu können. Egal, ob das nun unsere Interpretation von russischer Folklore oder Cabaret ist.“ Gerard grinst ein wenig verschmitzt, als er Kurt Weils Musical erwähnt, denn genau diese Elemente haben The Black Parade in ihren „Debüt“ verarbeitet. Vermischt mit einer großen Portion Pathos, dem Konzept der Erfahrungen eines Sterbenden und natürlich ein wenig Post-Hardcore-Feeling. Herausgekommen ist eine Rockoper, die in ihrer Pose an Bowies „Ziggy Stardust“ oder Pink Floyds „The Wall“ erinnert, nur eben moderner und deutlich punkiger.
Der Artikel ist erschienen im Slack Magazin Ausgabe 07/06.