Game-Tipp: „Black and White 2“ (PC)
„Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer“. Ok, die Sätze kennen wir. Was dann folgt sind sechs schweißtreibende Tage voller Arbeit und einer zum Verschnaufen. Da ackert man tagelang, erschafft ein paradiesisches Plätzchen, setzt ein paar Menschen aus und schon hat man den Salat. Statt sich vernünftig zu verhalten, geraten die Kleinen ganz schnell aneinander und man muss schlichten. Überhaupt, Menschen brauchen viel Aufmerksamkeit. Sie erbitten ständig irgendetwas: „Gib uns Essen!“, „Gib uns Zuflucht!“ Immer wieder diese Forderungen. Als Gott schwebt es sich nicht immer leicht durch das Universum.
Wer es dennoch mal ausprobieren möchte, der sollte sich an „Black and White 2“ halten und seinen PC zum Experimentierkasten für göttliche Fügungen umbauen. Dort werde ich nach der ganzen Schöpfungsgeschichte erstmal von einem feisten Teufel und einem leicht schusseligen Engel abgeholt und in die wunderbare Welt des Spiels eingeführt. Sie verraten einem die Tricks mit der Göttlichkeit. Hier erlernt der Spieler die Grundprinzipien. Häuser bauen, Felder bestellen, Holz sammeln und eben klassisches Aufbauspiel. So schaut man sich um und verhilft ein paar Menschen zu besserem Leben, oder vielleicht ist man auch stinkig und lässt die Menschen ihre Suppe selber auslöffeln, ganz nach Belieben.
Bei „Black and White 2“ entscheidet man selbst über Gut und Böse. Bin ich kriegerisch oder friedlich, lasse ich Folter zu, welche Regeln stelle ich auf. Diese Entscheidungen haben starken Einfluss auf meine Anhänger und machen mich zum gefürchteten Rachegott, der Feuer vom Himmel regnen lässt oder zum kuscheligen Papa-Gott, der vergibt und verzeiht. Und das Schwarz-Weiß-Gemale wird von der detailverliebten und grandiosen Umgebung des Spiels ebenfalls grafisch widergespiegelt. Ein böser Gott herrscht über düstere Landstriche, Gewitter umtost und karg, während ein guter Gott idyllische Wiesen und sonniges Wetter abonniert hat.
Als weiteren Spaßfaktor zum göttlichen Aufbau-Spiel kommt die Komponente der Kreatur. Am Anfang stehen einem vier Kreaturen zur Auswahl, die man aufziehen und trainieren kann. Man entscheidet sich für Affe, Löwe, Wolf oder Kuh und legt los. Die Viecher können mit Hilfe von Zuckerbrot und Peitsche an so ziemlich jedes Verhalten gewöhnt werden. „Nein, Wolf, du darfst deinen Haufen nicht auf dem Haus von lieben Menschen machen. Böses Hundchen!“ So kann man sein Kreatürchen zur Kampfmaschine erziehen oder zum flauschigen Riesenhaustier.
Obwohl die Grundidee des Spiels einfach genial ist, sind im Detail leider doch einige Fehler. Denn so sehr die Grafik auch protzt und absolut atemberaubende Kamerafahrten erlaubt, so eigensinnig ist manchmal die Steuerung. Die mächtige Hand Gottes ist so sensibel, dass sie manchmal schon ein paar zu viele Menschen aufgreift oder auch fallenlässt. Gott behüte. Ups, zu spät. Das ist nicht immer hilfreich im Spiel, wenn man Gut sein will. Da liegt auch schon das nächste Problem, denn es ist auf Grund einiger Unausgewogenheiten im Rohstoffsystem deutlich schwieriger die Gegner zu beeindrucken (Gut), als sie plump mit Gewalt zu erobern (Böse). So wird der gute Gott eine Menge Geduld mitbringen müssen, während der böse Gott schnell und zackig durch die Karten rauscht.
Eigentlich ist „Black and White 2“ ein tolles Spiel, nur konnte es sich nicht so hundertprozentig entscheiden. Einerseits gibt es Aufbau-Spielerei, die aber nicht an das Gewusel von „Die Siedler“ oder „Civilization“ herankommt. Andererseits gibt es Strategie und Kampf, nur ohne die Vielfalt und herausfordernde KI von „Age of Empires“. Und dann ist da ja auch noch das Tierchen. Tamagotchis und „Nintendogs“ sei dank ist dieser Markt auch abgedeckt und braucht nicht die recht einseitige Tierhaltung von „Black and White 2“. Denn keines der vier Tiere unterscheidet sich vom anderen. Wer hat schon von einer Kuh gehört die Menschen zum Frühstück verdrückt? Irgendwie absurd. Drei Genres in einem ist leider nicht ausreichend, denn keines kann zu hundert Prozent überzeugen. Das Spiel bringt gerade am Anfang eine Menge Spaß, hat aber auf Dauer ein paar zu viele Schwächen. Vielleicht kann da ja der Programmierergott noch einmal eingreifen und nachbessern. Zumindest beim dritten Teil.
Der Artikel ist auf www.scoolz.de erschienen.
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