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Die Bio-Tattoo-Lüge

Am Anfang steht die Unsicherheit der Kunden: Will ich wirklich ein Tattoo? Das ausgesuchte Motiv wird beim Tätowieren schließlich für immer in die Haut gebracht und geht nie wieder weg. Solche Sorgen quälen viele Kunden. Da war es ja abzusehen, dass findige Geschäftsleute schnell eine Alternative zur Hand haben würden, um genau mit dieser Unsicherheit Geld zu machen. Denn die „Macher“ von Bio-Tattoos versprechen, dass die Motive nur temporär gestochen werden und sich nach einigen Jahren (meist werden zwischen 2 und 5 Jahren genannt) einfach wieder auflösen, dass sie natürlich verblassen. Doch vorsichtig ist angebracht, denn dies Versprechen ist rein biologisch nicht haltbar.

Die Haut eines Menschen ist in mehrere Schichten aufgeteilt, die unterschiedliche Funktionen haben und sich unterschiedlich verhalten. Normale Tätowierungen werden mit einer Stichtiefe von maximal 1 bis 2 mm in die sogenannte Lederhaut (Dermis) gestochen. Diese Hautschicht ist sozusagen das Fundament unserer Haut, sie bleibt dauerhaft bestehen und tauscht sich nie aus. Das Tattoo ist permanent.

Die Bio-Tattoo-Lüge besteht nun daraus, dass behauptet wird, das Tattoo würde in den über der Lederhaut liegenden Bereichen der Haut eingebracht. Dies ist aber extrem problematisch, denn die Oberhaut (Epidermis) ist selbst gerade einmal zwischen 0,05 und 0,2 mm dick und man müsste sehr präzise arbeiten, um niemals tiefer zu stechen. Und dabei ist noch nicht die ganz natürliche Varianz der Haut an unterschiedlichen Stellen und bei unterschiedlichen Menschen bedacht, die der Bio-Tätowierer quasi „erspüren“ müsste. Letztlich würde aber selbst der Erfolg hier nicht helfen, denn die Oberhaut befindet sich in einem kontinuierlichen Prozess der Erneuerung, so dass spätestens nach einem Monat alle gefärbten Hautzellen vom Körper abgeschieden worden wären. Ein Tattoo, das 2 bis 5 Jahre hält ist aber definitiv nicht möglich.

Auch die Aussage, das Bio-Tattoos mit spezieller Farbe eingebracht würden, die sozusagen „biologisch abbaubar“ ist und sich von selbst auflöst ist nicht zu halten. Hautärzte konnten bislang in keiner Studie das natürliche Verblassen der angepriesenen Farben nachweisen.

Das Ergebnis der meisten Bio-Tattoos ist für die Kunden entsprechend enttäuschend. Bio-Tattoos sind häufig genauso permanent wie echte Tätowierungen, allerdings aufgrund der falschen Stichtiefe und der sehr ungleichmäßigen Hautbeschaffenheiten von minderer Qualität. Da Farben mit geringer Pigmentdichte und keine professionellen Tattoo-Maschinen verwendet werden und oftmals auch kein gelernter Tätowierer diese Arbeiten anfertigt, kann es leicht dazu kommen, dass die Farben blass sind, die Tattoos Flecken aufweisen oder gar an den Rändern verlaufen. Dadurch wirken Bio-Tattoos oftmals „alt“ oder „verblasst“ und eben so, wie Tätowierungen, die schon jahrelang getragen wurden.

Bereits 1999 urteilte das Amtsgericht Trier erstmalig in Deutschland gegen ein Kosmetikstudio, das einer Kundin eine temporäre Tätowierung verkauft hatte. Durch Gutachten von Ärzten und Tätowierern konnte die Kundin beweisen, dass kein Verblassen eingesetzt habe und die Tätowierung permanent sei. Die Kosmetikerin, die das Bio-Tattoo verkauft hatte, wurde daraufhin zu 5000 DM Schmerzensgeld verurteilt. Die Tätowierung aber bleibt der Kundin bis heute erhalten.

Wer sich also unsicher fühlt, ob eine Tätowierung das Richtige ist, der sollte auf keinen Fall zum Bio-Tattoo greifen. Bio-Tattoos sind meist extrem teuer und dann auch noch von minderer Qualität. Auch wenn diese Optionen nicht hundertprozentig das selbe Ergebnis produzieren, so gibt es doch Alternativen zum Bio-Tattoo mit denen man für einen kürzeren Zeitraum das Gefühl der Hautkunst ausprobieren kann. Das ist kostengünstiger, gesünder und erspart einem jede Menge Ärger.

 

Nur für kurze Zeit

Wer sich nur für kurze Zeit mit einem Bild schmücken möchte, der sollte das Bio-Tattoo sein lassen und lieber zu diesen Alternative greifen. Hier sind drei Optionen, die ein „Tattoo“ für kurze Zeit bieten, das ohne Reue wieder weg geht.

Abzieh-Tattoos: Jeder kennt sie aus der Kindheit: Die Abziehbilder aus Mickey Mouse-Heften, die man mit Spucke anfeuchtet und die 1-2 Tage auf der Haut kleben bleiben. Die Abzieh-Bilder haben sich heutzutage weiterentwickelt und selbst Edelmarken wie Chanel bieten nun solche temporären Tätowierungen als „Skin Art“ an. Die Designs sind aus Spezialtinte und Kleber und versprechen 3-5 Tage Haltbarkeit bevor sie langsam verblassen. (Nur über Export aus US / UK erhältlich – z.B. www.amazon.com, ca. $14).

Henna: In der indischen Tradition sind Mendhis, also mit Hennafarben aufgetragene Motive seit Jahrtausenden bekannt. Dank Bollywood-Filmen sind sie eigentlich überall zu haben und spielend leicht selber zu machen. Eine spezielle Paste wird angerührt und mit Pinseln auf die Haut aufgetragen. Die Paste trocknet, bröckelt ab und zurück bleibt ein rot-bräunliches Mendhi, das etwa 10-14 Tage hält und dann verblasst. Achtung: Henna ist niemals schwarz, hier wird chemische Farbe zugesetzt, die potentiell allergische Reaktionen auslösen kann. (Im Internet ab 5 Euro – z.B. www.henna-und-mehr.de)

Tattoo Ärmel: Einen ganz Arm voller Tätowierungen – und das nur für eine Nacht? Das geht jetzt dank ultradünner Nylonstulpen, die mit verschiedensten Motiven bedruckt sind und die man sich einfach „anzieht“. Gibt es sogar als „Hemd“-Variante für den Oberkörper. Ob man damit aber wie beworben wirklich „cool“ wirkt, bleibt mal dahingestellt. (zwischen 4 und 15 Euro im Internet – z.B. www.maskworld.com)

Temptu Dura Ink: Nur für Luxuskunden geeignet: Von einer New Yorker Firma als haltbares Make-Up für Filmdrehs und Theaterproduktionen entwickelt, wurde Dura Ink auch verwendet, um George Clooney seine Tattoos in From Dusk Till Dawn aufzumalen. Die Farbe ist ziemlich teuer (15 Euro für 30 ml) und muss mit Airbrush aufgetragen werden. Nur wenige professionelle Maskenbildner in Deutschland benutzen Dura Ink, dafür sieht das Ergebnis aber täuschend echt aus. (www.temptu.shoppingserver.de)

 

Experten-Tipp von Robert Gorlt

(Inhaber von Tattoo Nouveau, Gärtnerstraße 86, 20353 Hamburg)

Bio-Tattoos waren in den 1990er Jahren in Mode, aber zum Glück hat sich dieser Trend seit den 2000ern wieder gelegt. Ich habe damals so einige Cover-Ups gestochen. In den USA kennt man das Konzept gar nicht, denn dort würde jeder Bio-Tätowierer sofort auf Millionen von Dollar Schadensersatz verklagt werden. Daher mein Tipp, sollte es doch noch einen Bio-Tattoo-Anbieter geben: Finger weg!

 

Ursprünglich für Perfect Ink geschrieben, aber unveröffentlicht geblieben.