Die Geschichte des Tattoos

Wie lange tätowieren sich die Menschen eigentlich schon? Aus welchen Gründen werden Hautmarkierungen angebracht und welche Bedeutung haben sie? Und gilt dies eigentlich für alle Kulturen der Welt? Diesen Fragen möchte PERFECT INK auf den folgenden Seiten gerne nachgehen…

Wenn es zwei Dinge gibt, die den meisten Menschen in Bezug auf die Herkunft des Tattoos im Gedächtnis bleiben, dann ist es erstens der britische Seefahrer und Entdecker James Cook, der 1769 von einer Expedition in den Südpazifik die Kunde der Tätowierung und sogar einen Tätowierten mit nach Europa brachte. Und zweitens die Vorliebe bestimmter sozialer Unterschichten, wie Verbrechern, Seefahrern oder Prostituierten, sich die Haut mit bunten Bildern zu verzieren. Beide Aussagen stimmen und doch sind die in der allgemeinen Wahrnehmung damit verbundenen Wahrheiten weitaus komplexer. Die Geschichte des Tattoos ist so alt wie die menschliche Kultur selbst und deutlich vielschichtiger als die genannten simplen Klischees.

 

Prähistorie: Von Priestern und Kriegern

Es ist nicht ganz leicht, Beweise dafür zu finden, dass sich Menschen vor über siebentausend Jahren tatsächlich tätowiert haben. Schließlich sind die in alten Grabkammern Chinas entdeckten Tongefäße mit Abbildungen von „gezeichneten“ oder „markierten“ Menschen kein Beweis dafür, wie die Markierungen oder Zeichnungen in der Realität auf dem Körper angebracht wurden. Ein erstes Indiz für eine Jahrtausende alte und geradezu universelle Tradition des Körperstiches sind sie aber schon.

Denn seit 1991 wissen wir, dass auch unsere mitteleuropäischen Vorfahren sich bereits vor tausenden Jahren tätowiert haben. Mit „Ötzi“ fanden Forscher in den Alpen den eindeutigen Beweis, dass Menschen sich vor 5200 Jahren mit Farbe die Haut markiert haben. Am Körper des Eiszeit-Mannes fanden sich 57 Striche und Kreuze, die vermutlich mit Ruß und einem spitz gefeilten Instrument unter die Haut geritzt wurden. Interessant ist jedoch, dass Ötzi vor allem an Stellen markiert ist, die gegen eine ästhetisch-rituelle Funktion sprechen. Neueste Theorien besagen, Ötzi habe wahrscheinlich Rückenschmerzen gehabt – so zumindest lassen die Abnutzungen der Gelenke vermuten – und habe sich dort markiert, wo Schmerzbehandlungen durch Nadelstiche angesetzt werden müssten. Die Stellen der Markierungen entsprechen erstaunlich genau den Punkten, die in der heutigen Akupunktur genutzt würden. Es stellt sich also die Frage, ob Ötzi ein Fan von Naturheilkunde war? Tätowiert war er aber auf jeden Fall.

Bereits in den 1920er Jahren fanden britische Archäologen ägyptische Mumien in Theben, die ebenfalls unter die Haut gestochene Markierungen aufwiesen. Amunet, eine Priesterin der Göttin Hathor etwa, die am ganzen Körper deutlich erkennbare und vermutlich aus rituellen Gründen angebrachte Muster aus Strichen und Punkten trug. Forscher glauben, Priesterinnen nutzten die Tätowierungen dazu, sich mit ihrer Gottheit rituell zu verbinden und etwa für Geburten oder gegen Krankheiten Schutz zu erbitten. Die Tätowierungen sind also so etwas wie permanente Schutzamulette, die sowohl ästhetische als auch rituelle Funktion hatten. Die gefundenen Mumien, wie die Amunets, wurden auf die elfte Dynastie datiert und sind entsprechend über 4000 Jahre alt. Ähnliche Markierungen fand man auch bei nubischen Mumien der selben Zeit und auch Darstellungen lybischer Priester zeigen Tätowierungen – ein eindeutiges Zeichen für die weite Verbreitung des Brauches in Afrika.

Die ersten Bild-Tätowierungen hingegen fanden Forscher in Gräbern des eurasischen Reitervolkes der Skythen im heutigen Sibirien. In den Altaibergen entdeckte man einen 2400 Jahre alten Krieger, dessen Körper mit extensiven Tattoos von mythischen Tierwesen verziert war. In der skythischen Kultur galten Tätowierungen als Zeichen von Stärke und Macht, wodurch sich auch die mythologischen Tiermotive erklären, deren Kraft auf den Träger übergehen sollte.

 

Antike: Von Sklaven und Christen

Auch wenn Tätowierungen schon tausende Jahre alt sind, so waren sie seitdem jedoch nicht bei allen Kulturen gleichsam beliebt und wurden aus ganz unterschiedlichen Gründen genutzt. Die alten Griechen beispielsweise waren ganz und gar nicht angetan von Tätowierungen, waren die Hautzeichen für sie doch barbarischer Herkunft – wie etwa bei den Skythen, Pikten oder Nubiern – und somit Indiz für Menschen zweiter Klasse. So verwendeten die Griechen Tätowierungen fast ausschließlich dazu, ihre Sklaven zu markieren oder Kriminelle öffentlich kenntlich zu machen. Sollte ein Sklave oder Gefangener fliehen, konnte man ihn auf diese Weise eindeutig identifizieren und ihm seiner gerechten Strafe zukommen lassen.

Ähnlich sahen das auch die Römer, die Tätowierungen vor allem nutzten um Bestrafungen zu markieren. So wird dem dekadenten Kaiser Caligula nachgesagt, er habe als Unterhaltungsform in Ungnade gefallene Höflinge tätowieren lassen, wodurch sie effektiv als Ausgestoßene galten. Ähnlich wurden Tattoos in der Armee genutzt, da die römischen Legionen meist aus Söldnern bestanden und mit Deserteuren jederzeit gerechnet werden musste: Ein militärisches Tattoo erschwerte da natürlich die Flucht.

Insgesamt gilt für die Antike, dass Tattoos dazu genutzt wurden, um bestimmte Gruppen vom Gros der Gesellschaft abzugrenzen und zu stigmatisieren – ein Begriff der sich aus eben genau dem lateinischen Begriff für Markierung ableitet.

Ein Stigma, also ein in den Körper gebrachtes Mal oder eine Markierung, war es auch, das frühe Christen im römischen Reich erdulden mussten. Doch die Schandmarkierung, die von den Römern ersonnen wurde, nutzten Christen schon bald als Zeichen einer Gruppenzugehörigkeit. Und so wurde das tätowierte Kreuz als Symbol Jesus Christus‘ zum Abzeichen verfolgter Christen – eine Tradition, die sich etwa in islamischen Ländern zum Teil bis heute noch hält, wie etwa bei koptischen Christen in Ägypten. Gerade in den frühen Jahren des Christentums wurde so aus einer Markierung der Ausgrenzung durch die Umdeutung ein Symbol der Zugehörigkeit.

 

Mittelalter: Von Kreuzrittern und Jungfrauen

Mit dem Siegeszug des christlichen Glaubens in Europa wurde die Notwendigkeit der Zugehörigkeitsmarkierung immer unwichtiger und so erließ die Kirche im Jahr 787 n. Chr. ein Verbot der Tätowierungen, mit dem der „heidnische Brauch“ bekämpft werden sollte. In der Bibel stand schließlich geschrieben: „Sie sollen an ihrem Leib kein Mal stechen“ (Moses 2, 21:5). Laut des Edikts von 787, das zumindest in offizieller Deutung bis in die Neuzeit Gültigkeit hatte, war das „Punktieren der Haut“ Blasphemie und somit strikt verboten – mit Ausnahme von Christen, die als Minderheiten unter Verfolgung litten und die Symbole zur Markierung ihres Glaubens nutzten. Berühmtestes Beispiel – neben den bereits erwähnten Kreuztätowierungen der Kopten – ist die Eroberung des christlichen Bosniens im Jahre 1463 durch die Osmanen. Die türkischen Eroberer verschleppten christliche Jungfrauen und zwangen sie in den islamischen Glauben. Um die Frauen vor der Konversion zu bewahren und Missbrauch oder Verschleppung vorzubeugen, begannen die gläubigen Christen damit, junge Mädchen mit deutlich sichtbaren Tätowierungen zu markieren. Die Kreuze, Heiligenbilder und Bibelverse waren oft auf Armen, Händen, der Brust und in Extremfällen der Stirn angebracht. Diese Tradition, nach der die Motive mit einfachen Nadeln und Farbe aus Holzkohle, Ruß und der Muttermilch von Frauen mit Söhnen gestochen werden mussten, hielt sich in der Region bis zum Ende des 19. Jahrhunderts aus dem Glauben, so die Islamisierung aufzuhalten.

Doch nicht nur verfolgte oder in Minderheit lebende Christen tätowierten sich für ihren Glauben. Kreuzritter, die in die feindliche Fremde zogen, wollten mit Hilfe tätowierter Kreuze oder Bilder sichtlich machen, dass sie Christen waren. Für den Fall des Todes sollten die Symbole sicher stellen, dass den Männern ein ordentliches christliches Begräbnis zu Teil wurde. Sollten sie jedoch überleben, so zelebrierten die Männer die erfolgreiche Reise nach Jerusalem und die Teilnahme am Kreuzzug Gottes durch weitere religiöse Motive, die als Erinnerung an das Vollbrachte dienten. Auch diese Tradition sogenannter Wallfahrt- oder Pilgertätowierungen hat bis in die Neuzeit bestand.

 

Neuzeit: Von Wilden und Schaustellern

Während im Mittelalter die Tätowierung also nur in speziellen Ausnahmefällen ihren Platz in der Kultur der Europäer hatte, wurde sie mit dem Aufbruch in die Neue Welt wieder zentraler. So berichtete Entdecker John White schon 1578 von den Hautmalen der Eskimos, John Smith einige Jahre später von den Tätowierungen der Ureinwohner Nordamerikas. Für kurze Zeit sorgte in den 1690er Jahren der aus der Südsee stammende Prinz Giolo für Aufregung in der Londoner Gesellschaft. Giolo war von William Dampier nach England gebracht worden und galt einige Monate als Sensation in der High Society – nur um wenig später in Vergessenheit zu geraten und elendig an den Pocken zu sterben, gegen die sein Immunsystem sich nicht wehren konnte.

Der berühmteste Tätowierte dieser Epoche war aber der Tahitianer Omai, den James Cook 1769 in die Alte Welt zurück brachte und als „zivilisierten Wilden“ dazu nutzte den absolutistisch regierten Europäern ein irdisches Paradies voller Freiheiten und Exotik zu präsentieren. Seine Tätowierungen wurden europaweit bekannt, vor allem deswegen weil Cook mit dem Begriff „tattoo“ – abgeleitet von polynesischen und tahitianischen Begriffen – für den Hautstich nun auch eine Benennung mitgeliefert hatte.

Der Mythos der wilden, paradiesischen Welt verbreitete sich wie ein Lauffeuer, weiter angetrieben von Legenden von „Runaways“; Matrosen, die dem strikten Reglement an Bord durch Fahnenflucht auf einer Südseeinsel zu entkommen suchten. Diese Flüchtlinge lebten mit den Ureinwohnern und nahmen deren Sitten an, darunter auch die rituelle Tätowierung. Bei einer Rückkehr in die Zivilisation wurden sie zu Sehenswürdigkeiten, die ihre Abenteuer bei den Wilden weitergaben. Aus diesen ersten Rückkehrern entwickelten sich zwei Trends: erstens fingen auch andere Matrosen an, sich durch Tattoos zu zeichnen und so etwa ihre Welterfahrung zu bezeugen. Die Souvenirs aus Übersee wurden unter Seeleuten so etwas wie Erfahrungsabzeichen. Diese Tradition hält bis heute an, zählt zu den wichtigsten Klischees der Tätowierungen, ist zugleich aber auch für die Zeitlosigkeit nautischer Oldschool-Motive verantwortlich. Zweitens aber entdeckten findige Schausteller hier eine Marktlücke. Sie ließen sich am gesamten Körper tätowieren – oftmals in Europa selbst – und tourten dann übers Land, um die Bilder Schaulustigen zu präsentieren und dabei von den wilden Abenteuern in der Fremde zu berichten, ob diese nun real waren oder nicht. Die Zurschaustellung extremer Tätowierungen findet im ausgehenden 19. Jahrhundert ihren Höhepunkt, verliert sich aber mit der Schaustellerei insgesamt zu Beginn des 20. Jahrhunderts und ist in der heutigen Zeit aber dank des Guinness Buchs der Rekorde und der modernen Mediengesellschaft wieder auf dem Vormarsch.

 

Moderne: Von Verbrechern und Adligen

In der Zeit der Industrialisierung sind es gerade die sozial benachteiligten Klassen, die sich neue identitätsstiftende Merkmale suchen und über die Nähe zu Seeleuten, Soldaten und fahrenden Handwerkern mit der Tätowierung konfrontiert werden und diese übernehmen. Das Klischee des tätowierten Verbrechers hingegen kommt erst in den 1880er Jahren auf, als der italienische Psychologe Cesare Lombroso die Theorie verbreitet, Verbrecher seien ein primitiver Rückschlag des kulturellen Menschen, der sich schon an der körperlichen Erscheinung festmachen ließe. Die Tätowierung sei ein unverkennbares Merkmal des verbrecherischen, primitiven Menschen. Dem Bürgertum der damaligen Zeit kam diese Theorie sehr recht, um sich von den proletarischen Massen abzugrenzen, und so festigte sich der Irrglaube und wurde zu einem typischen Bestandteil der Klischeekiste „Tattoo“, der sich leider bis heute in manchem verbohrten Kopf hält.

Ganz im Gegensatz zu Lombrosos Theorie und der landläufigen Meinung, nur Verbrecher und Unterschichtler besäßen Tätowierungen steht aber die Tatsache, dass gerade im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert eine ganze Anzahl von Adligen ein Faible für die Hautkunst offenbarte. Berühmtestes Beispiel ist – neben Kaiserin Sissi – sicherlich König George V von England, der sich auf einer jugendlichen Abenteuerreise (bevor er König wurde) zusammen mit seinem Freund, dem späteren russischen Zaren Nikolas II, in Japan hatte tätowieren lassen. Beide nutzten die Gelegenheit einer Reise ins Land der aufgehenden Sonne, um dort von der Ausnahmeregel Gebrauch zu machen, die es Ausländern erlaubte tätowiert zu werden. Für Japaner waren Tätowierungen verboten, denn sie galten seit Jahrhunderten als Zeichen der Kriminalität – ausgelöst durch die bis ins 17. Jahrhundert verbreitete Sitte Verbrecher deutlich sichtbar an den Unterarmen zu markieren. Interessanterweise wurden Tätowierungen aber erst Ende des 18. Jahrhunderts verboten, als sich das Tattoo zur Kunstform gemausert hatte und die traditionellen mythischen Bilder immer beliebter wurden. Um dem „Verfall der öffentlichen Moral“ entgegenzuwirken, machte man das Handwerk illegal. Dies wiederum führte dazu, dass kriminelle Banden und andere Unterschichten die Tätowierungen als Abgrenzung zum Bürgertum anfertigen ließen – ein Kreislauf, der eine der wichtigsten Tattoo-Traditionen hervorbrachte. Bis heute gelten Tätowierungen in Japan daher als anrüchig. Insbesondere gilt dies für Body Suit-Tattoos, die von der organisierten Kriminalität, den Yakuza als Erkennungszeichen genutzt wurden, und dazu dienten Verdienste an der Organisation zu zelebrieren. Die zwangsläufige Verbindung von Verbrechen und Tattoo wurde zwar mittlerweile in Japan aufgebrochen und das Verbot aufgehoben, doch ist das Stigma nur schwer aus den Köpfen insbesondere der älteren Generation zu bekommen.

 

Heute: Von Rockern und Jedermann

In Deutschland bricht mit der nationalsozialistischen Herrschaft ein dunkles Kapitel der Tätowierung an. Zum einen werden stark tätowierte Menschen als entartet gebrandmarkt und verfolgt, zum anderen werden die vom Regime in Konzentrationslager gesteckten Gefangenen mit Hilfe von Tätowierungen vollkommen entmenschlicht. Der Brauch, NS-Opfer mit Nummern zur Identifikation zu tätowieren, gleicht der griechisch-römischen Stigmatisierung von Sklaven und nicht als Menschen angesehenen Volksstämmen. Der Vernichtungsapparat entwertet den Menschen und macht ihn zu einer prozessierbaren Nummer.

Nach dem Sieg der Alliierten dauert es deswegen in Deutschland (wie auch in anderen Ländern Europas) beträchtlich länger bis die in den USA bereits in den 1950er und 60er Jahren beliebte und weit verbreitete Tätowierung zu uns herüberschwappte. In Europa sucht die Jugend vorsichtiger in Subkulturen nach Identifikationsmustern, findet diese aber schließlich in der Motorrad und Rock-Kultur – einer Subkultur, die mit Vorliebe Tätowierungen trägt und damit eine Abkehr von bürgerlichen Idealen symbolisiert. Auf die Rocker folgen in immer kürzeren Abständen die in Bezug auf Tätowierungen ähnlich motivierten und gegen bürgerliche Werte stehenden Hippies, Punks, Skinheads, Goths, Metalheads, Grunger, und Technos und suchen einen Platz im kulturellen Alltag. Spätestens seit den 1970er Jahren ist die Tätowierung deswegen auch hierzulande ein wesentlicher Bestandteil subkulturellen Ausdrucks und Spiegel einer Suche nach Identität – unabhängig von Klischees und landläufiger Meinung.

 

Beispiele der Tattoo-Geschichte

Das Bilder-Volk 

Weil die Ureinwohner Schottlands sich ihre Körper mit Tätowierungen schmückten und somit wie „angemalte Menschen“ aussahen, nannten die ersten römischen Siedler das Volk im Norden Britannias einfach „Pictii“, zu deutsch die Pikten. Mit eisernen Nadeln stachen sich die Pikten, unabhängig von Rang oder Geschlecht, aus lokalen Pflanzen gewonnene Farbtinte unter die Haut und verzierten sich so vor allem mit Tierbildern und mythologischen Zeichen.

 

Eulen nach Athen

Den antiken Griechen galten Tätowierungen und Brandmarkierungen als Strafe und Identifikation von Sklaven. Deswegen brandmarkten sie ihre Gefangenen. Aus Rache für die erlittenen Misshandlungen schickten die Samier im Kampf gefangene Athener mit einem ganz speziellen Symbol auf der Stirn nach Hause. Sie zeichneten die Athener mit Eulen, dem Symbol ihrer Schutzgöttin Athene.

 

Gott in sich tragen

Sich über das Edikt der Kirche hinwegzusetzen bedurfte für einen gläubigen Christen schon eines guten Grundes. Der Mystiker Heinrich Seuse etwa wollte Gott so nahe sein, dass er dessen Namen „in das frische Blut meines Herzenssaftes geschrieben“ hatte in dem er ihn sich mit einem Griffel die Buchstaben in die Brust stach. Ob es half ist nicht bekannt.

 

Bist du mein Sohn? Zeig mir dein Tattoo!

Anfang des 18. Jahrhunderts tätowierten Tiroler Bauern ihren Kindern Erkennungsmerkmale auf den Körper bevor sie diese zur Arbeit in die Fremde schickten. Die Armut in den Bergdörfern machte es nötig, Kinder als Arbeitskräfte in die Städte zu schicken. Wenn die Kinder Jahre später als Erwachsene in die Dörfer zurück kehrten, dann konnten Verwandte sie an den Tätowierungen einwandfrei identifizieren und so etwa die Erbfolge für den Hof der Familie sicherstellen.

 

Das Tattoo der Kaiserin

Kaum eine Adlige war unseren österreichischen Nachbarn so heilig wie Elisabeth, Sissi, Kaiserin von Österreich. Und kaum eine Kaiserin wird bis heute über die Landesgrenzen hinaus so verehrt. Doch die brave Sissi hatte sich noch im Alter von 51 Jahren auf einer Griechenlandreise einen Beweis „ihrer unauslöschbaren Liebe zum Meer“ gewünscht und sich tätowieren lassen. Ein Anker verzierte seither die Schulter ihrer Exzellenz – was den Kaiser so gar nicht amüsierte.

 

In editierter Form erschienen in Perfect Ink #1.2013