Alter Blues in neuem Gewand
Er ist Bluesmusiker seit er 12 Jahre alt war und gilt als eines der größten Talente des Genres – sowohl wegen seiner Stimme als auch seiner Fähigkeiten an der Gitarre. Doch seine Alben treffen unter Genrekennern nicht immer auf Zustimmung, denn Jonny Lang ist auch ein Innovator.
Sein neues Album „Fight for my Soul“ dürfte die Puristen unter den Bluesfans mal wieder vor den Kopf stoßen, denn die Songs sind durchsetzt von Rockanleihen, Pop und gar HipHop-Elementen. Lang ist, nach sieben Jahren Pause, mit einem Album zurück, das den Blues als Gerüst nimmt und ihn dann in ein modernes und variables Gewand kleidet. Ähnlich wie auch sein Kollege Gary Clarke, Jr. sieht Lang darin keinen Widerspruch, sondern ein Fortschreiten seiner Fähigkeiten als Musiker: „Der Blues ist doch keine alt-ehrwürdige Musikrichtung nur für traditionelle Menschen. Schon immer hat er junge und innovative Musiker angezogen, und das ist auch heute noch so. Ich beginne mit Blues, aber dann entwickeln sich die Songs von selbst, nehmen andere Einflüsse an und am Ende klingen sie eben nicht mehr rein nach Blues.“
Und so drehen sich die Songs auf „Fight for my Soul“ auch nicht mehr um weinende Gitarrensolos und langsame Rhythmen. Die Musik ist variabler, spielt mit anderen Stilen und vereint sie in einer Blues-inspirierten Melange. „Am Ende ging es mir bei dem Album um das Handwerk: ich habe die Songs balanciert, sie nicht nur um ein Solo arrangiert, sondern allen Elementen genügend Raum gegeben. Das mag die Puristen zwar wieder zum Meckern bewegen, aber irgendwie ist mir das egal. Ganz so traditionell Blues ist das Album halt nicht. Ich bin nicht mehr an diesem Punkt in meiner musikalischen Entwicklung.“
Ganz nach dem Motto: in 16 Jahren kann man sich schon mal verändern. Denn auf „Lie to me“, seine Debütalbum von 1997, war Lang noch voller Tradition und wurde dafür gelobt. Der Blues hatte den Teenager fasziniert und von Anfang an überzeugt: „Aber auch damals war es nicht der puristische Sound, der mich so begeistert hat. Es war die Attitüde der Musiker, sich gegen alle Normen auszudrücken, ohne Rücksicht sagen und spielen zu können, was man wollte. Das hatte ich zuvor noch nie gesehen, auch nicht im Rock. Ich wurde süchtig nach dieser Sorglosigkeit und Selbstdarstellung.“
Und diesen Ansatz verfolgt Lang auch lyrisch auf dem Album: ohne Vorbehalte liefert der Familienvater einen Einblick in seine Sorgen und spricht über Probleme, die er mit der Welt hat: „Ich wollte loslassen und wirklich rau und unvermittelt meine Meinung präsentieren. Das Gefühl ist ernster auf dem Album, nicht wirklich düster, aber sorgenvoll. Ich sehe Ungerechtikeiten und will mich dazu äußern.“ Und damit ist das Album textlich dann doch traditionell, waren doch Klage und Kritik an der Gesellschaft schon immer deutlich erkennbare Bestandteile des Blues.
Jonny Lang – „Fight for my Soul“
Ursprünglich erschienen im Piranha 9/2013