Bewahrer der Traditionen
Peaceville Records is ein klassisches Indie-Label, wie es nur in den 1980er Jahren entstehen konnte. Offen, kreativ und nah am Endkunden bietet das Label bis heute einen eklektischen Mix aller metallischen Musikrichtungen mit einem Faible für die alten Traditionen.
Als Paul „Hammy“ Halmshaw das Label 1981 mittels selbst hergestellter Kassetten gründete, da war Punk gerade zu einem Massenphänomen erwachsen und der New British Metal in voller Fahrt. Es dauerte zwar einige Jahre, um Peaceville aus der Mini-Nische eines Kassettenlabels heraus zu holen, doch der Erfolg kommt in den 1990er Jahren mit Bands wie Autopsy, My Dying Bride, Anathema, Opeth und Paradise Lost. Nach 25 Jahren als Kapitän, übergibt Hammy 2006 das Ruder an Paul Groundwell, einem langjährigen Mitarbeiter.
„Ich habe damals versucht, das Gefühl und die Ausrichtung des Labels beizubehalten“, sagt Paul heute, „und mich auch weiterhin nicht um Trends geschert oder um das, was gerade in war. Und weil ich mich schon länger in die Aufgabe der Labelleitung einarbeiten konnte, war der Übergang nahezu fließend. Auch, weil unsere Mitarbeiter die Entscheidungen alle mitgetragen haben.“
Seither hat er Peaceville kontinuierlich auf Kurs gehalten und bestreitet das Tagesgeschäft mit Wiederveröffentlichungen eines extensiven Backkatalogs klassischer Metal-Alben und neuen Signings. Erstere bringen dem Label öfters Kritik als Wiederverwerter ein, doch Paul sieht hier eine Aufgabe, die nur wenige so gut erfüllen können wir er: „Lass die Leute doch zynisch darüber reden, das ist mir egal. Wenn es uns nicht gäbe, dann würde ein klassischer Sound des Metal verloren gehen und nicht mehr in die Ohren neuer Generationen kommen. Heutige Metalformen sind dagegen verwaschen und es braucht jemanden, der auch die Kids mit dem puren Sound der Pioniere versorgt. Diesen Part übernehmen wir gerne.“
Im Gegensatz zu den Death- und Doomklassikern stehen dann die neuen Releases, die Paul nach dem gleichen Prinzip aussucht, wie früher Hammy: „Sie müssen einfach interessant sein und qualitativ überzeugen. Wir haben keine bewusste Entscheidung getroffen, eine bestimmte Richtung einzuschlagen. In der letzten Zeit war etwas mehr Progressive Rock dabei, wie bei Barren Earth und deren Mix aus Death, Doom und Prog – wenn das nicht ein perfektes Kind der Liebe ist. Und unsere aktuellsten Labelneulinge sind Mysticum & Dodheimsgard – also Industrial und Avant-Garde Black Metal. Bei uns gibt es eigentlich keine Genre-Schubladen.“
Erfreulich findet Paul, dass Metal eine so treue Fanschar hat und sich in den letzten Jahren als Musikstil stabil hält: „Es ist eine so reiche und vielseitige Musik, dass die Menschen dem Stil niemals richtig entwachsen. Das freut uns, und es zeichnet sich gerade ab, dass deswegen auch das Vinyl wieder stark im Kommen ist. Noch ein Pluspunkt für uns, denn auch das ist eine Tradition, die wir aufrecht erhalten.“
Ehrliche, unabhängige Labelarbeit wird mehr denn je gebrauch, sagt Paul, denn wenn die Branche sich ändert, dann brauchen Bands ein Zuhause und Fans eine Gemeinschaft, wo sie sich wiederfinden. Und genau das ist Peaceville.
Peaceville Records
Ursprünglich erschienen im Piranha 11/2013