MusikMusik-Features

Bilder des Jazz

Eine dunkle Bühne in einem rauchigen und sehr intimen Club. Plötzlich erhebt sich eine samtene Stimme aus dem Dunkel, eine Stimme erklingt, das Gesicht einer Frau im Licht des Scheinwerfers: „I Feel You“ singt sie, nur um wieder im Dunkel zu verschwinden. Eine dunkel gehauchte Flöte setzt ein, Drums und alte Syntheziser minimal und zurückhaltend bevor auch sie wieder gehen. Die Musik schwillt an, ebbt ab, Licht und Schatten – ganz organisch ein Spiel von An- und Abwesenheit. „Die Bewegung der Musik ist wie das Auf und Ab des Körpers – die Musik atmet, sie ist lebendig“, sagt Melanie De Biasio über den Opener ihres neuen Albums. Für sie sind die Songs organische Kunstwerke, die sie wie ein Maler zusammenstellt. Ihre Stimme – mal sanft, mal energisch – übernimmt dabei nur einen Teil der Arbeit. Ein Pinselstrich unter vielen: „Wenn alles gesagt ist, dann ist die Stille inspirierender und aussagekräftiger. Die Stimme ist ein Teil des Ganzen aber nicht die Gesamtheit in sich. Auch die Flöte oder das Klavier bestimmen die Geschichte.“

Ihr Schaffensprozess ist ein ebenso künstlerisches Spiel mit Präsenz und Absenz. Es startet mit dem Gerüst der Songs – Ideen, die wichtigsten Elemente, Gesang, Melodie. „Danach sind wir ins Studio gegangen. Wir haben drei Tage lang Farben und Texturen aufgenommen. Viele Variationen von Soundlandschaften, die das Gerüst aufgefüllt haben. Die habe ich dann mit nach Hause genommen und dort angefangen zu arrangieren. Ich habe mir dafür unglaublich viel Zeit genommen. Der erste Schritt war es, wieder Dinge zu entfernen. Ich habe Piano-Spuren entfernt, Synthesizer, Stimme – ich habe die Landschaft reduziert und mich selbst dabei wieder aus dem Sound geschält. Habe die Essenz von mir und den Songs behalten. Wichtig war mir einzig die Energie des Songs.“ Das Ergebnis ist ein Album, dunkel und atmosphärisch, das alles auf das eine nicht mehr zu reduzierende Element herunterbricht. „No Deal“ – sieben Bilder, schwarz-weiße Portraits im low-key Licht, mehr definiert durch das was fehlt, als das, was vorhanden ist.

 

Melanie De Biasio – „No Deal“

Ursprünglich erschienen im Piranha 05/2014.