Sieh das Licht des Rock’N’Roll!
Zwei Jahre nach „Backwards over Midnight“ sind The Durango Riot mit einem neuen Album zurück und doch sieht Sänger Fred Andersson das Werk nicht als Nachfolger, sondern wiederum als Debüt-Album an.
Schon damals 2012, hatte Andersson eine eigenartige Zählweise und behauptete „Backwards“ sei das Debütalbum gewesen – und auch mit „Face“ ist es nun nicht anders: „Es fühlt sich eben so an, was soll ich sagen. Wir sind aufgeregt, völlig überdreht und freuen uns ein Loch in den Bauch, dass die Platte draußen ist. Es ist wie beim ersten Mal, immer noch ist da diese Erwartung – das ist die perfekte erste Scheibe.“ Dabei war „Backwards Over Midnight“ nach ihrem eigentlichen Debüt „Telemission“ schon die zweite CD – nur eben die erste mit einem internationalen Outlet, mit einem Star-Producer und mit einer professionalisierten Band. „Bei der ersten CD waren wir ein chaotischer Haufen und hatten keine Ahnung. Bei der zweiten CD waren wir Fans, die sich selbst als Musiker entdeckten. Joe Barresi hat uns damals viel beigebracht, aber aus heutiger Sicht klingt mir die Scheibe zu glatt, zu perfekt produziert.“ Aus diesem Grund haben sich die vier Jungs aus Stockholm dazu entschieden, den Weg der goldenen Mitte zu gehen. Sie mieteten sich bei Pelle Gunnerfeldt (The Hives, Disco Ensemble, Moneybrother) ein und produzierten ihr Album lokal vor Ort. „Das war großartig, so direkt ums Eck von zu Hause. Es hat etwas Familiäres“, erzählt Andersson: „Und diesmal waren wir vorbereitet. Wir hatten alle Songs bereits geschrieben, auf Akustikgitarren und ganz professionell. Dann sind wir zu Pelle ins Studio und haben uns wieder wie im Kindergarten benommen und einfach losgezimmert. Die Songs sind perfekt, die Aufnahmen dadurch aber rau und intensiv, fast wie live auf der Bühne.“
Und in der Tat fühlt sich „Face“ wie die perfekte Mischung der beiden Vorgänger-Alben an, ungestüm, aber doch fokussiert. Musikalisch liegen Durango Riot damit immer noch zwischen großem, amerikanischen Stadionrocksound und intensiver europäischer Indie-Kultur. Mal klingen Sie nach den Hives dann wieder nach The Killers – immer aber findet sich in der Musik die spirituelle Sehnsucht des Rock und die intensive Energie des Punk. „Mann, selbst Pelle hat uns zuerst die Frage gestellt, was wir eigentlich sind – also welcher Seite des Atlantik wir uns zugehörig fühlen. Und weißt du was? Das ist uns egal, weil beide Seiten ein Teil von uns sind. Wir sind eine skandinavische Band, die Elvis Traum vom Rock’n’Roll folgt. Das ist unsere Religion: Rock’n’Roll, und Elvis ist ihr Gott. Unser sehnlichster Wunsch ist es, dieser Essenz des Rock näher zu kommen. Wenn du dir wirklich Mühe gibst als Musiker, dann schaffst du es vielleicht bei einem Song, bei einer Melodie, so zu sein wie Elvis. Dann erhebt dich die Musik und du siehst das Licht.“
Durango Riot – „Face“
Ursprünglich erschienen in Piranha 09/2014