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Widerstand lohnt sich

„Zwei“ – manchmal ist weniger mehr. Die Pop-Aufmischer OK Kid sind zurück und rütteln erneut kräftig an etablierten Schubladen zwischen Elektro und Rock, HipHop und Pop, Punk und Poesie.

Zwei Finger dominieren das Cover der neuen Platte, aber was wollen OK Kid uns damit sagen? „Natürlich wäre es schöner nur das Peace-Zeichen zu zeigen, aber das geht leider nicht immer. Der Mittelfinger ist hier und da auch wichtig, um sich abzugrenzen. Aber Liebe sollte am Ende des Tages immer grösser sein als Hass“, sagt Jonas Schubert. Drei Jahre nach ihrem Debüt geht es den drei Jungs, die Köln ihre Heimat nennen gut und das zeigen sie auf „Zwei“ ausgiebig. „Ich kann alles“ heißt etwa die erste Single und setzt inhaltlich quasi den Maßstab: „Da steckt schon jede Menge Selbstbewusstsein drin, aber das darf man natürlich nicht mit Arroganz oder Egozentrik verwechseln. Für uns bedeutet dieser Song einfach die Freiheit, das tun zu können, was man will ohne es jemanden Recht machen zu müssen. Den Song hätten wir niemals fürs erste Album schreiben können als alles noch unsicher war. Das hat man in der Musik und den Texten gemerkt. Dieses Gefühl mit sich selbst im Reinen zu sein, das haben wir uns tatsächlich in den letzten Jahren erarbeitet.“

Und so klingt „Zwei“ reifer, vollendeter aber eben auch gewagter. Man experimentiert ein bisschen, mal Rock, mal Groove, mal elektronisch, dann wieder akustisch – die Schubladen, die die Band mit dem Debüt „OK Kid“ gerne gewechselt hat, hat sie jetzt gänzlich gesprengt. Und auch lyrisch sind die Drei weitergekommen. „Ich nehm mein Ego, quetsch es aus, alle Tränen müssen raus“ heißt es da etwa im Text der Single. Schluss mit der musikalischen Selfie-Pose also? „Früher haben sich die Texte überwiegend um uns selbst gedreht. Da ging es viel um Befindlichkeiten und Probleme, die in erster Linie selbstgemacht waren. Das war auch vollkommen legitim und wichtig für uns. Seitdem wir uns aber nicht mehr täglich die Fragen stellen müssen wie ‚Was will ich eigentlich?‘ und ‚Wie zahle ich meine Miete?‘ gibt es auf einmal Raum eine Haltung zu Themen einzunehmen, ohne dass es um einen selbst geht.“ So wie etwa in „Gute Menschen“ – einem Song, der sich mit der aktuellen politischen Situation im Lande beschäftigt. „Das ist ein Thema, das uns bewegt. Wer am konsequentesten das perfide Spiel mit der Angst beherrscht, der findet in unsicheren Zeiten den größten Stimmenzuwachs. Das Einzige im dem die AFD oder Pegida gut sind, ist ein Volk zu spalten. Also genau das Gegenteil dessen, für das sie eigentlich stehen wollen.“ OK Kid können eben auch politisch. Und damit erklärt sich dann auch das Cover – wie gesagt: Manchmal muss eben doch der Mittelfinger her.

 

OK Kid – „Zwei“