Von Heimat und Freiheit

Mit seinem neuen Album bekennt sich Ray Wilson zu seiner Heimat Schottland und dem einfachen Leben in den Highlands und sieht doch, dass er selbst ein solches Leben nie haben könnte.  

„Makes me Think of Home“ ist eine Hymne an das einfache Leben, an die Flucht aus der Stadt und die Komplikationen, die eine globalisierte Welt mit sich bringt. Musikalisch bewegt sich Wilson dabei gekonnt zwischen Folk, Pop und Rock und liefert mal schwungvolle Mitsing-Lieder für die Kneipe, mal melancholische Melodien für das Lagerfeuer. Thematisch aber ist ein klarer Moment der Sehnsuch nach dem entschleunigten Leben zu erkennen. „Absolut, ich weiß, dass ich gesegnet bin, mir auf diese Art meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Aber auch ich habe diese Momente, an denen ich einfach in die Highlands ziehen, eine kleine Hütte kaufen und ein ruhiges Leben genießen möchte. Ich denke aber, dass ich es dem Leben schulde, meine Potentiale auszuschöpfen. Einfach rumsitzen und nichts tun ist für mich wohl doch keine Option. Ich würde wahnsinnig werden – bestimmt!“

Wilsons Vision eines ruhigen Lebens ist eng verbunden mit seinem Heimatgefühl und der Liebe zu Schottland. Sowohl in England als auch Schottland aufgewachsen, ist Wilson dem Norden der Insel zugeneigter: „Die Menschen dort haben ein genuineres Identitätsgefühl, was den Engländern fehlt. Schottland ist reich an Geschichte, Kreativität, hat eine bessere Bildung und ist insgesamt einfach ein wunderschönes Land mit talentierten und geistvollen Menschen. Oh, und mit Scheißwetter.“ Dennoch, das neue Album setzt dem Land und Wilsons Beziehung dahin ein Denkmal.

Dabei lebt er seit acht Jahren in Polen, was zur Zeit aus politischer Sicht nicht immer einfach ist. „Ich bin für die Liebe nach Polen gezogen und habe es nicht bereut. Dazu kommt, dass ich mich wie die meisten Schotten als Europäer fühle. Ich glaube, wir brauchen mehr Toleranz, Geduld und Verständnis füreinander, um die Probleme in den Griff zu bekommen. In Polen sind vor allem die älteren Menschen verständlicherweise nervös, sie sehen ihre Art zu Leben bedroht und reagieren darauf. Aber die Jungen reisen viel, sind weltoffen und werden die Politik hoffentlich bald wieder ändern. Mich selber betrifft das wenig als Ausländer, ich falle nicht so auf, bin nicht so anders und nehme niemanden den Job weg.“

Es geht viel um Freiheit auf dem Album, um den eigenen Weg und das Abstreifen von Zwängen. Und vielleicht ist es das, was die Platte nicht nur schottisch macht, sondern auch europäisch, denn wie Wilsons Schwiegermutter es ausdrückt, geprägt von der Erfahrung des Kommunismus: „Freiheit ist das wichtigste Gut!“

Ray Wilson – „Makes me Think of Home“