Religiöse Umdeutung
Christliche Bibelauslegung und Wagnerianische Oper haben nicht unbedingt viel gemein. Doch mit ihrem Magnum Opus „Beloved Antichrist“ mischen die schwedischen Symphonic Metaller um Christofer Johnsson beides – er schafft eine auf 3 CDs erscheinende Rock-Oper, deren Inspiration von einem russischen Theologen stammt. „Die Story ist von Wladimir Solowjow, es geht um den Aufstieg und Fall des Antichristen – aber wir haben die unnötigen historischen Teile der Geschichte entfernt und alles theatralischer gestaltet“, beschreibt Johnsson seinen Adaptionsprozess. Er habe der Oper, die im Einklang mit Theorions musikalischen Vorlieben bombastischen Metal mit noch bombastischeren Orchesterklängen verbindet, vor allem die Elemente von Liebe und Familie hinzugefügt. Dabei nimmt Johnsson es mit der Vorlage nicht so genau, ignoriert die Vision des Mystikers, in der Europa nach dem Einfall der Muslime und deren zerstörerischer Herrschaft, von einem charismatischen Führer unter christlicher Doktrin wiedervereint wird. Der Antichrist, getarnt als Theologe, baut auf die Sehnsucht der Menschen nach einfachen Lösungen … aber das sieht Johnsson nicht als problematisch. Er seufzt, deutlich erkennbar: „Warum muss alles immer politisch korrekt sein? Als Band müssen wir uns nicht dazu äußern – wir haben die Geschichte verändert und Etwas erschaffen, das unterhalten soll.“ Johnsson beruft sich auf künstlerische Freiheit, aber klar ist auch, dass die Interpretation als historischer Prozess hier auf und hinter der Bühne zum Thema wird.
Therion – „Beloved Antichrist“
Ursprünglich erschienen im PIRANHA 01/18