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Von Glaube und Zweifeln

Ganze acht Jahre ist das letzte Album „Disambiguation“ der Posthardcore-Metaller Underoath nun her und doch scheinen bleiben die Events – Auflösung, Best-of-Vermarktung, Reunion-Konzerte etc. – etwas undurchsichtig, schließlich spielte die Band bereits seit 2015 wieder zusammen live. „Doch gerade jetzt ist es wichtig, dass wir wieder da sind“, sagt Sänger und Drummer Aaron Gillespie und meint, das neue Album sei ein Zeichen, dass die Band endlich alle Probleme und Unstimmigkeiten hinter sich gelassen hat. Musikalisch ist „Erase Me“ extrem eingängig und dennoch Underoath-typisch hart. Die elektronischen und teils sogar an düsteren Industrial anmuten Parts haben zugenommen und auch sonst scheinen die Jungs gereift – die Songs sind drastisch und so deutlich wie noch nie zuvor in der Historie der Band.

So waren nicht alle Fans der ersten Stunde von der Wandlung überzeugt, regte sich doch Widerstand gegen die Inklusion des Wortes „fuck“ in die Lyrics der Band. Da Underoath ihre Karriere als christliche Metallband begonnen hatten, wurde ihnen nun das Herbeiführen einer Ära vorgeworfen. Und tatsächlich scheint genau das mit „Erase Me“ auch zum Teil gewollt zu sein. „Wir haben doch echt andere Probleme als ein ‚fuck’ im Text der Musik. Wie sehr Menschen von anderen ausgeschlossen werden, das ist unser Problem. Dagegen gehen wir vor und da interessiert mich nicht, was zum Teufel die Leute davon halten.“ Gillespie und seine Mitstreiter sind kompromissloser geworden, wie sie selbst sagen: „Das ist wohl im Moment die glücklichste und gesündeste Position, in der wir uns seit langem befinden.“ Der Glaube, so Gillespie habe mit der Botschaft der Band nichts mehr zu tun. Er selbst sei Christ, aber aus Underoath gezwungenermaßen eine christliche Band zu machen, dass sei nicht mehr zeitgemäß. Damit gehen Underoath einen wichtigen Schritt, sich von Schubladen zu befreien und – nach acht Jahren on-and-off – sich endlich wieder voll und ganz auf die Musik zu konzentrieren.

Underoath – „Erase Me“

 

Ursprünglich erschienen im PIRANHA 04/18