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Die Idee einer Zukunft

„Parallel Universe“ ist das achte Album der Plain White T’s und eine Überraschung, denn mit seinen Synth-Sounds und Vocoder-Vocals ist es von den 80er Jahren und Zurück in die Zukunft inspiriert.

„Wir sind in den 80er Jahren aufgewachsen“, sagt Sänger Tom Higgenson, „und im Moment scheint eine Art Eighties-Revolution durch die Poplandschaft zu gehen. Wir lieben Stranger Things, über diese Zeit, die einfacher und cool war, weil wir Kids waren. Damals hatten die Menschen spannende Ideen, wie die Zukunft sein müsse, mit fliegenden Autos und überall neuer Technik. Das Album sollte nach 80er klingen, aber auch nach 2018, nur eben einer Version von 2018, die sich die 80er ausgedacht haben – so eine Art zurück in die Zukunft.“ Dafür verschieben die Plain White T‘s die Erwartungshaltungen darüber, wie ein T’s Song klingen muss. „Parallel Universe“ ist auf jeden Fall anders und doch irgendwie T’s: „Wir sind davon ausgegangen, dass jeder weiß, wie wir klingen. Jeder hat Erwartungen – ‚Delilah‘ hat da sicherlich zu beigetragen. Für dieses Album wollten wir die Dinge aufrütteln und haben alles ein klein wenig verändert. Das Songwriting ist T’s aber neu instrumentiert. Wenn wir keinen Bock auf Akustikgitarre hatten, dann gab es eben keine. Wir haben mit Synths und Loops rumgespielt und die Songs anders gedacht. Wir haben uns kein Limit gesetzt.“

Nicht nur die Musik und das Arrangement waren Teil dieses parallelen Universums, in das sich die T’s begeben haben – auch die Themen der Songs sind ungewohnt für die sonst so positive Band. „Die Songs sind für unsere Verhältnisse roh, weil wir kein Thema ausblenden. Bei ‚Low‘ zum Beispiel sind wir dunkel und verletzlich, ganz wund vom eigenen Gefühl. Mit ‚I Should Be Dead‘ ist ein Song drauf, den ich nach einer durchzechten Nacht geschrieben habe. Am nächsten Morgen war ich total fertig, habe mich gefragt, warum ich das gemacht habe und dann diesen Song geschrieben.“ Und tatsächlich sind die Songs dunkler, schräger und für die Popradio-taugliche Band ungewohnt direkt. Sexuelle Begierde, Selbstzweifel und menschliche Abgründe finden sich da – doch eines fehlt explizit: die Politik. Angesprochen auf seine beinahe Begegnung mit Donald Trump lacht Higgenson nur: „Wir waren zum nationalen Pfadfindertreffen eingeladen. Als wir ankamen war Trump am Tag zuvor dagewesen und hatte diese irre Rede gehalten. Alle rollten mit den Augen und waren total irritiert. Aber mal im Ernst, der Kerl ist so durchgeknallt, dass politische Botschaften plötzlich überall zu finden sind. Als Band ist das aber nicht so unser Ding. Der letzte Song auf dem Album ‚End of the World‘ ist die politischte Aussagen, die du von uns erhalten wirst. Da geht es darum, dass egal wie kaputt die Welt auch ist, wie scheiße die Dinge gerade laufen, wir immer weiter machen werden – ‚keep on dancing‘ heißt es da. Das ist unser Credo dazu.“ Und Tanzen im Angesicht der existenziellen Bedrohung, das ist auch irgendwie 80er…

Plain White T‘s – „Parallel Universe“

Ursprünglich erschienen im Piranha 09/2018