Historisches in Metal
„Death & Legacy“ heißt das neue Album der österreichischen Symphonic-Metaller Serenity, auf dem die Band großen historischen Persönlichkeiten der Neuzeit huldigt.
Was haben Giacomo Casanova, Albrecht Dürer, Francis Drake und der Inquisitor Heinrich Kramer gemeinsam? Was ist es, das sie als historische Persönlichkeiten auszeichnet? „In unserem Albumtitel heißt es ja schon Death & Legacy„, meint Georg Neuhauser, der Sänger der Band: „In den Songs geht es jeweils um eine Person, die durch ihr Leben für unsere heutige Zeit ein Vermächtnis hinterlassen hat. Sie alle haben unsere Welt verändert – zum Guten oder zum Bösen.“ Ein Vermächtnis aber, das auf ganz unterschiedliche Weise zu Tage tritt, denn Casanova und Kramer dürften an verschiedenen Enden des moralischen Spektrums Einfluss gehabt haben. Neuhauser lacht und meint: „Es gab unterschiedliche Gründe, die Figuren zu nehmen. Casanova ist eigentlich mehr ein Wortspiel – schließlich heiße ich ja Neuhauser. Übersetz‘ das mal ins Italienische. Und bei Kramer, wie auch bei Dürer war es der Bezug zu unserer Heimat Innsbruck, wo beide ganz persönlich geformt wurden. Kramer hat hier den einzigen Prozess seiner Zeit als Inquisitor verloren und die ‚Hexen‘ wurden freigesprochen. Daraufhin hat er den Hexenhammer geschrieben.“
Und damit wären wir dann ja wieder bei stereotypischen Themen des Metal. Wobei man Serenity durchaus eingestehen muss, dass sich ihre historische Aufarbeitung stark von der Metal-Norm unterscheidet. Neuhauser meint leicht verbittert, dass die Kollegen es sich zu einfach machen: „Das Thema Geschichte kommt häufig vor, aber immer nur auf der Oberfläche. Da geht es um die immer gleichen Themen, um die Vikinger, vielleicht auch Piraten, oder eben um epische Schlachten und Heiden, die über ganze Landstriche herfallen. Aber ohne Tiefe und ohne Hintergrundwissen.“ Und genau das sollte der wissenschaftliche Assistent Neuhauser nun wirklich haben, schreibt er doch gerade seine Dissertation an der Uni Innsbruck im Fach Geschichte. „Das war auch der Grund dafür, warum wir das Album so konzipiert haben. Ich wollte endlich mal historische Themen im Metal richtig und gut recherchiert ausarbeiten.“ Dafür wälzte er Biografien, las Studien und entwickelte 13 historische Figuren als Sprecher für seine Songtexte. Aber warum nur sollte sich ausgerechnet Symphonic-Metal für Geschichtsunterricht anbieten? Neuhauser ist amüsiert: „Hast du dir die Songs mal angehört? Da kannst du dir doch richtig vorstellen, wie Columbus an der Reling steht und die neue Welt entdeckt. Was in der Geschichte passiert braucht einfach einen Soundtrack, der wie im Film das Gefühl einfängt. Und genau das haben wir komponiert.“ Epische Streicherflächen, schmetternder Gesang und davon preschende Gitarren vermitteln tatsächlich ein Gefühl von Größe und Wichtigkeit, eine neuzeitliche, metallische Opernkomposition eben. Und beim klassischen Vorbild war der Bezug zur Geschichte ja auch sehr häufig gegeben.
Ursprünglich erschienen in Piranha 03/2011.