Einzug der Romantik
Bereits 600 Jahre vor Christus entdeckten die Griechen, das Bernstein Energie in Form elektrischer Ladungen speichert und kondensiert. Sie gaben diesem Edelstein den Namen „Elektron“ und versahen ihn mit einer Mythologie. Bernstein repräsentierte fortan die Verbindung der Seele mit dem Universum. Eine Verbindung, die auch der deutschen Electropop-Formation Bernstein nicht fremd sein dürfte, wenn man aus ihren Texten schließen kann. Auch wenn Sänger Jens Eufinger sich der Tragweite der Namenswahl nicht bewußt war, so kann er doch eine Affinität zur griechischen Auslegung feststellen: „Wir haben den Namen gewählt, weil er diesen speziellen Klang hat. Da ist diese spirituelle Seite, aber auch etwas ganz Eigenes. Der Name ist so wundervoll einprägsam und doch besonders.“ Für eine Band, die sich aus allen Bereichen der elektronischen Musik speist, quasi die Energie unterschiedlichster Einflüsse in sich aufnimmt und kondensiert – von Ambient, über Dance, Pop und Soul bis hin zu düsteren Sphären – ist der Name jedenfalls geradezu ideal.
Ideal auch in Hinsicht auf die Nähe zu einer Thematik. Auf „Lichtwärts“ beschreibt Eufinger in seinen Texten immer wieder Naturbilder, also Ausformungen des Universums mit denen der Mensch interagiert. Für ihn nimmt die Natur eine Position ein, die halb Spiegel, halb Gegenspieler des Menschen ist. Und beides fand sich schon bei den Romantikern, die jene Griechen eben auch unwiderstehlich inspirierend fanden. „Naja, ich sehe mich nicht in dieser Tradition, aber ich kenne Novalis und Hölderlin natürlich. Ich habe diese Bilder nicht einmal bewusst gewählt, sondern erst im Nachhinein bemerkt, wie stark sie für mich das menschliche Miteinander symbolisieren.“ Und so kämpft Eufingers lyrisches Ich immer wieder mit Gewalten, orientiert sich an den Sternen und findet sich in der Natur selbst repräsentiert. Auf „Lichtwärts“ können wir daran teilhaben – eingefasst in 13 wunderschöne elektronische Popsongs.
„Lichtwärts“ von Bernstein
Ursprünglich erschienen in Piranha 05/2008.